Aussteiger Hans-Reinhard Scheu – „Mein Interesse am nordischen Skisport ist ungebrochen“

Serie „Einsteiger, Aussteiger, Umsteiger“

24.01.2016 Wintersport und Hans-Reinhard Scheu – das war jahrzehntelang eine feste Verbindung. Doch auch im Ruhestand hat er genug zu tun. Dem sportjournalist berichtet Scheu, was ihn an- und umtreibt.
 
Hans-Reinhard Scheu war bis 2005 die „Stimme im Nordischen Skisport“, als ARD-Reporter mehrfach preisgekrönt im Radio und im Fernsehen. Nach dem Abitur und einem VWL-Studium trat er in die Sportredaktion des Südwestfunks (heute SWR) in Baden-Baden ein. Dieser Redaktion um den 2008 verstorbenen, legendären Sportchef Rudi Michel gehörte Scheu (Foto: Kunz/Augenklick) bis zum Eintritt in den Ruhestand an. Der 74-Jährige ist Vorsitzender des Sportjournalisten-Vereins Baden-Pfalz.

sportjournalist: Herr Scheu, Sie waren früher ein begeisterter und begeisternder Reporter. Fehlt Ihnen das in diesen Tagen?

Hans-Reinhard Scheu: Ehrlich gesagt – ja, immer wieder mal. Mein Interesse am nordischen Skisport ist ungebrochen. Ich würde mir zutrauen, morgen wieder einzusteigen.

sj:  Wenn Sie zurückdenken – was war vorherrschend bei Ihrem Ausstieg vor zehn Jahren: Wehmut, Befreiung, Freude auf Freizeit?

Scheu: Wehmut beim Abschied von der nordischen Ski-Szene, Befreiung von Kritikern ohne wahre Kompetenz und Freude auf mehr Freizeit für Familie und Hobbys.

sj: Beim Verband Deutscher Sportjournalisten werden Sie in der Rubrik Redaktionsanschrift mit „freiberuflich“ geführt. Für wen arbeiten Sie noch?

Scheu: Journalistisch gelegentlich für Deutschlandfunk und SWR, „hauptberuflich“ ehrenamtlich für die Baden-Badener Sportstiftung Kurt Henn, deren Ziel es ist, Kinder und Jugendliche in die Erlebniswelt des Sports zu führen.

sj: Was genau steckt dahinter?

Scheu: Ich bin seit der Gründung der Stiftung 2005 Leiter der Kernprojekte „Toben macht schlau“ und „Ich zeig‘s euch“. Zum einen testen wir nach den Vorgaben der Sportwissenschaft alljährlich alle etwa 500 Erstklässler Baden-Badens auf ihre Fitness. Zum anderen fördern wir die übergewichtigen und motorisch schwachen Kinder über ein Dreivierteljahr hinweg durch eine kostenlose wöchentliche Sportstunde. Als Verantwortlicher für Planung, Organisation, Durchführung und Auswertung investiere ich pro Jahr etwa 700 Stunden.

sj: Wer unterstützt Ihr Projekt?

Scheu: Der Badische Sportbund, der uns für jeweils fünf Tage die Anlagen seiner Sportschule Steinbach zur Verfügung stellt, die Unfallkasse Baden-Württemberg, die Volksbank und unsere 60 „rüstigen Rentner“, die den Test sozusagen für umme mit großem Engagement begleiten.

sj: Was war der Anlass zu diesem Engagement?

Scheu: Ich war und bin immer noch leidenschaftlicher Sportler, habe durch meinen Beruf die große Welt des Sports erleben dürfen. Auf meine alten Tage wollte und möchte ich der Basis einiges davon zurückgeben, was mir der Sport in seiner ganzen Bandbreite gegeben hat.

sj: Ihr Sohn Achim ist als Hörfunkreporter und Moderator für den SWR tätig. Zum Beispiel in der Bundesliga-Schaltkonferenz am Samstag. Hören Sie da mal rein, geben Sie ihm Ratschläge?

Scheu: Zuhören ja, Ratschläge nur noch gelegentlich. Er geht längst seinen eigenen Weg, braucht den Alten nicht mehr, hat ohnehin genug Talente und jetzt auch reichlich Erfahrung.

sj: Auffallend ist, dass in Ihrer Branche bei vielen Namen der Apfel nicht weit vom Stamm fällt – zum Beispiel im ZDF. Angefangen von Volker Krämer, dem Sohn des ersten ZDF-Sportchefs Willi Krämer über Oskar Wark/Thomas Wark, Wolfram Esser/Jochen Esser oder Klaus Angermann/Ralf-Peter Angermann.

Scheu: Mein Sohn wollte zuerst nicht in meine Fußstapfen treten, lieber am Wochenende der Familie gehören. Aber der Apfel ist letztlich doch nicht weggerollt.

sj: Sie gehörten viele Jahre zur Spitze im Verband Deutscher Sportjournalisten. Warum ist das heute vorbei?

Scheu: Ich meine, dass nur im Berufsleben stehende Kollegen dem VDS-Präsidium angehören sollten, da sie täglich mit den Problemen an der Basis konfrontiert sind.

Mit Hans-Reinhard Scheu sprach Wolfgang Uhrig