Umsteiger Christian Klaue – „Ich versuche, die notwendige Balance zu wahren“

Serie „Einsteiger, Aussteiger, Umsteiger“

13.04.2016 Früher war Christian Klaue Sportjournalist. Seit einigen Jahren arbeitet er als Pressesprecher, erst für den DOSB und nun beim IOC. Dem sportjournalist berichtet der 40-Jährige über die täglichen Herausforderungen seines Jobs.
 
Christian Klaue, 40, begann 1993 seine Laufbahn als Journalist bei der Wernigeröder Zeitung in Wernigerode/Harz. Während seines Studiums zum Diplom-Sportwissenschaftler war er ab 2001 Pressesprecher der Leichtathletik-Abteilung von Bayer Leverkusen, außerdem arbeitete er für den Internetdienst des Deutschen Leichtathletik-Verbandes. Anschließend trat Klaue in die Redaktion des Sport-Informations-Dienstes in Neuss ein. Von 2009 bis 2015 war er verantwortlicher Pressesprecher beim Deutschen Olympischen Sport-Bund (DOSB) in Frankfurt am Main. Seit September vergangenen Jahres ist Klaue beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) in Lausanne für die Kommunikation im deutschsprachigen Bereich zuständig.

sportjournalist: Herr Klaue, wie sieht die Bilanz nach den ersten 100 Tagen im Amt aus?

Christian Klaue: Die ersten Monate waren eine vielfältige Erfahrung. Die Aufgabe ist hochspannend und bietet Tag für Tag Neues. Entscheidungen des IOC haben meist Auswirkungen in vielen Teilen der Welt (Bach-Foto: sampics/Augenklick). Die Balance zu halten, die „Einheit in Vielfalt“ zu wahren, ist deshalb sehr bedeutsam.

sj: Von Frankfurt nach Lausanne – was vermissen Sie am meisten, privat und beruflich?

Klaue: Die Fähigkeit, mich in Englisch so präzise und flexibel ausdrücken zu können wie in Deutsch.

sj: Wie läuft für Sie ein normaler Arbeitstag ab?

Klaue: 8:20 Uhr Büro, auf dem Weg dorthin schon Presseschau, anschließend Briefing und dann Arbeit am Schreibtisch und in Meetings.

sj: Stichwort Meetings – wie groß ist Ihr Mitarbeiterstab?

Klaue: Ich gehöre zusammen mit IOC- Sprecher Mark Adams und zwei weiteren Kollegen zum Team des sogenannten „Spokesman‘s Services“. Wir sind dem Präsidentenbüro angegliedert und arbeiten eng mit der Kommunikationsabteilung zusammen, die mehr als 30 MitarbeiterInnen hat, wenn man Übersetzungs- und Bilderservice einrechnet.

sj: Französisch ist Amtssprache im IOC, auch die Umgangssprache in Lausanne. Wie neu war das für Sie?

Klaue: Völlig neu. Ich kann Schul-Russisch vorweisen, bringe jedoch kein Schul-Französisch mit. Die Arbeitssprache hier ist aber zumeist Englisch. Nichtsdestotrotz steht Französisch 2016 auf meiner To-Do-Liste ganz oben.

sj: Welche Zeitungen werten Sie morgens aus?

Klaue: Wir nutzen einen sehr guten Monitoring-Dienst, da bekommen wir alle relevanten Informationen – unabhängig vom Medium, zugeschnitten auf Themen. Außerdem weiß ich Twitter sehr zu schätzen (Klaue-Foto: DOSB/Picture Alliance/Torsten Silz).

sj: Haben Sie sich damals für den Job als IOC-Sprecher beworben oder hat Ihr früherer Chef im DOSB, der heutige IOC-Präsident Thomas Bach, Sie kurzerhand mitgenommen?

Klaue: Seit November 2009 habe ich zum DOSB-Team gehört, das Thomas Bach unterstützte. So entwickelte sich bis zu seiner Wahl zum IOC-Präsidenten im September 2013 ein sehr enges Verhältnis und auf diese Weise ist dann auch der Wechsel nach Lausanne entstanden.

sj: Wie erklären Sie sich als IOC-Sprecher den Hamburger Bürgerentscheid gegen die Stadt als Olympia-Gastgeber?

Klaue: Hier sind mehrere Fakten zusammengekommen: die Diskussion um die Finanzierung des Projekts, die historische Herausforderung der Flüchtlingsfrage sowie die Debatte um Doping- und Korruptionsfälle in anderen Sportorganisationen. Es sind schwierige Rahmenbedingungen gewesen, die sich aus meiner Wahrnehmung wenige Monate vorher so auch noch nicht absehen ließen.

sj: Früher, wie bei den Olympischen Spielen in Peking, stellten Sie als SID-Reporter kritische Fragen an das IOC – demnächst müssen Sie in Rio de Janeiro kritische Fragen für das IOC beantworten. Wie bereiten Sie sich auf diesen Seitenwechsel vor?

Klaue: Ich erinnere mich noch gut, wie ich mir einst die Fragen zurechtgelegt habe, um möglichst einfache und klare Antworten zu erhalten, die es in der politischen Wirklichkeit aber meist nicht gibt, wie ich heute weiß. Sich in die Situation der Journalisten versetzen zu können, hilft bei der Aufgabe. Das ist aber nicht neu für mich, seit Herbst 2009 bin ich auf diesem Feld unterwegs und versuche die Journalisten zu unterstützen, aber gleichzeitig für den DOSB und nun für das IOC die notwendige Balance zu wahren. Das finden nicht alle Kollegen gut, aber das gehört wohl auch dazu.

Mit Christian Klaue sprach Wolfgang Uhrig