Print ist doch nicht tot!

Boom auf dem Zeitschriftenmarkt

22.12.2015 Die Auswahl ist meist unübersichtlich, aber auf jeden Fall riesig. Wer einen Zeitschriftenladen an einem großen deutschen Bahnhof betritt, kann ins Staunen kommen. Und das Angebot wächst weiter.
Autor: Gregor Derichs
Während die Auflage der Tagespresse kontinuierlich bröckelt, stellt der Markt der periodisch erscheinenden Publikumszeitschriften die meisten Verlage zufrieden. Die Gesamtzahl der in Deutschland erscheinenden Zeitschriften kletterte auf über 1600, wovon viele – vom Kleinstverlag bis zu den großen Konzernen – profitieren. 1997 existierten 500 Titel weniger. Print ist doch nicht tot!

Die Entwicklung ist erstaunlich, denn in anderen Ländern sind viele Zeitschriften dem gleichen Schwund ausgesetzt wie die Tageszeitungen. 32,7 Millionen Deutsche lesen mehrmals wöchentlich Zeitschriften. Der Umsatz der deutschen Zeitschriftenbranche beträgt rund 7,4 Milliarden Euro, allerdings erzielten die Verlage rund die Hälfte dieser Summe im Ausland. Die Prognosen der Experten lauten, dass der Geschäftsbereich in den nächsten fünf Jahren stabil bleiben wird.

Es gibt massenhaft Ratgeber- und Management-Literatur in Heftform

Die Programmzeitschriften haben nach wie vor die höchsten Auflagen mit dem Spitzenreiter tv14 (2.293.872) aus dem Bauer-Verlag. Zum Vergleich: Der Spiegel erreichte im dritten Quartal 2015 830.349 verkaufte Exemplare, der Stern 734.859, die Zeit 496.946, der Focus 500.480.

Aber diese Auflagen sind parallel zu denen der Zeitungen sinkend. Der Zuwachs, der den Gesamtmarkt der Zeitschriften stabilisiert beziehungsweise wachsen lässt, kommt von anderer Seite. Es gibt massenhaft Ratgeber- und Management-Literatur in Heftform. Beschrieben wird, wie auch die letzte Funktion des Handys oder des PC-Programms genutzt werden kann oder sich jedermann perfekt durchorganisiert.

Reiseliteratur boomt nach wie vor

Diese Publikationen erhalten in größeren Monatsabständen eine Aktualisierung und einen neuen Titel, die Inhalte bleiben oft weitgehend gleich. Reiseliteratur boomt nach wie vor. National Geographic nutzte im Juni seinen guten Namen, um noch ein Travel-Magazin (Auflage 100.000) aufzulegen. Der phänomenale Erfolg von Landlust mit einer Auflage von über einer Million findet noch immer Nachahmer.

Die Neuerscheinungen seit dem 1. September geben einen Hinweis darauf, wie die Ausweitung der Titel zustande kommt: Wochenspiegel Mittweida, schluck (ein Weinmagazin), ma vie (Frauenmagazin zum bewussteren Leben, 150.000 Auflage), handgemacht (Kreatives für Norddeutschland), Duda (Kinderzeitschrift), Brigitte Wir (für Frauen ab 55, 150.000), Brigitte kreativ (Ratgeber fürs Selbermachen, 100.000), Sixx (Frauen-Trendmagazin, 100.000) und Numero (Modemagazin). Von Zeitschriften, die nur regional erscheinen, bis zum sogenannten Special Interest ist fast alles dabei. Und ein Prinzip wird auch deutlich: Seit Jahren eingeführte Titel bekommen spezialisierte Ableger.

Verstärkte Aktivitäten für eine weibliche Zielgruppe

Frauen lesen laut Untersuchungen mehr und öfter Zeitschriften als Männer. Auch eine der großen Neuerscheinungen des Jahres, die erstmals am 6. Juni im Handel war, richtet sich verstärkt an eine weibliche Zielgruppe. Crime, ein Ableger des Sterns, erscheint alle zwei Monate und berichtet über reale Kriminalfälle. Das Blatt für 4,80 Euro läuft offenbar gut, mit sechsstelligen Verkaufszahlen.

Dass nicht wenige der Neuveröffentlichungen schon nach kurzer Zeit wieder aufgeben müssen, ist auch klar. Doch Print besitzt noch immer einen speziellen Reiz. Mit Genugtuung registriert der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger, dass Onlineportale angefangen haben, ihre Popularität einzusetzen, um ihr Angebot durch Zeitschriften zu ergänzen