Politischer Verdruss und Vetternwirtschaft

Olympia-Kolumne „Neues vom Giganten“

07.01.2016 Die Stimmung bei Sommerspiele-Gastgeber Brasilien war schon einmal besser. Das Land steckt in einer wirtschaftlichen und politischen Krise.
Autor: Heiner Gerhardts
Brasilien 2015? Laut Yahoo war das Kürzel „BBB15“ für die Realityshow Big Brother, die zur Primetime bei TV-Gigant Globo läuft, Suchbegriff des Jahres. Das Ausmisten im Korruptionsstall, das Hauen und Stechen in der Politik und die Ökonomie im Abwärtssog dominieren aber die Retrospektive.

Die Operation „Lava Jato“ (Waschstraße) schrubbt im Skandal um den Mineralöl-Riesen Petrobras weiter kräftig. Mit der Verhaftung des Präsidenten von Odebrecht und der Verurteilung eines „Vize“ von Mendes Júnior ging es zwei als unantastbar geltenden Vorzeige-Konzernen an den Kragen, die bei Rio 2016 mitbauen. Olympia im Justizvisier.

Der politische Verdruss hat das Volk wieder auf die Straße gebracht. Fast zwei Millionen landesweit im März, weniger im April und August. Seitdem herrscht Ruhe. Trotz eines angeblich geschmierten Präsidenten der Abgeordnetenkammer, eines verhafteten Regierungsführers im Senat. Das Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Dilma Rousseff hat jüngst seine erste Hürde genommen. Erwacht der Gigant?

Fakt ist: Der Lula-Effekt ist verpufft, vieles schlimmer als 2003 bei Amtsbeginn des Ex-Präsidenten, der Fußball-WM und Olympische Spiele ins Land holte. Das BIP sinkt, die Inflation galoppiert, die Wirtschaft stagniert, der Real verliert an Wert. Mit dem Rotstift in der Hand geht das Comitê 2016 auf die Olympia-Zielgerade.

Quo vadis, Brasilien? Der Start ins neue Jahr ist wie immer: erst „BBB16“, dann Karneval. Danach schauen wir mal, was aus Politik, Wirtschaft und Olympia wird