„Die Bedeutung des Fußballs ist zu groß geworden“

Kolumne „Hardt und herzlich“

29.06.2016 Die Übermacht des Fußballs ist erschreckend. Selbst große Erfolge deutscher Sportler in Tennis oder Handball können daran nichts mehr ändern. Blues statt Boom.
Autor: Andreas Hardt
Erinnern Sie sich noch? Natürlich! Das Wochenende vom 30. und 31. Januar war ja der Beginn einer neuen Sport-Zeitrechnung in Deutschland. Angelique Kerber triumphierte bei den Australian Open und einen Tag später gewannen „unsere Handball-Jungs“ nicht weniger überraschend die Europameisterschaft. Ein gewaltiger Boom war ausgelöst.

Tennis kehrte zurück in der Primetime und auf der Seite eins. Kerber – „Unsere Angie“ – strahlt uns auf diversen Werbeplakaten für italienische Nudeln und deutsche Autos entgegen. Die Handball-Vereine können dem Ansturm jugendlicher Sportler gar nicht mehr Herr werden. Andreas Wolf und Christian Dissinger können nicht mehr unerkannt über die Straße gehen. Nicht?

Aber war uns damals nicht versprochen worden, dass nun ein neuer Run auf Tennis und Handball ausbricht? Wurde nicht von Sportlern wie Funktionären erhofft, dass die Allmacht des Fußballs zumindest angegriffen sei? Dass die Fans nur deutsche Sieger bräuchten, um wieder Begeisterung und Interesse zu finden an diesen wunderbaren Sportarten? Und?

Sie haben bei Sat1 zumindest versucht, von Kerbers neuer Popularität zu profitieren. Ihr Fed-Cup-Match gegen die Schweiz lief live. Das Ergebnis war niederschmetternd. 2,9 Prozent der 14- bis 49-Jährigen wollten die neue „Tennisheldin“ sehen. „Nicht angenommen“ hätten die Zuschauer das Angebot, hieß es. Also verschwanden die Fed-Cup-Damen im Abstiegsmatch gegen Rumänien ins Internet – der Abspielrinne für ungeliebte Übertragungsrechte.

Und die Handballer (Foto: Kunz/Augenklick)? Durchschnittlich 230.000 Zuschauer sehen sich ein Bundesligaspiel bei Sport1 live an. Das Pokalfinale zwischen dem SC Magdeburg und Flensburg-Handewitt verfolgten in der Spitze immerhin bis zu 590.000 Zuschauer. Das ist okay, eine kleine Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Aber Boom?

„Die Bedeutung des Fußballs ist zu groß geworden. Wir haben die Leichtathletik erschlagen, wir haben den Handball erschlagen, wir haben den Basketball erschlagen“, sagte der jetzt ausgeschiedene Fußballweise von Eintracht Frankfurt, Heribert Bruchhagen.

Was macht eigentlich der „Galopper des Jahres?