Kontrolle über die Kommunikation

Pressesprecher-Report – Teil I

14.02.2017 Sportvereine sind vieles, im Spitzenbereich aber vor allem eines – Wirtschaftsunternehmen. Da verwundert es nicht, dass die Pressesprecher zuweilen wie bei Dax-Konzernen agieren und die Berichterstattung steuern wollen.
Autor: Katrin Freiburghaus
Vertrauen, so heißt es, sei gut, aber Kontrolle eben besser. Fragt man Kollegen nach ihren aktuellen Erfahrungen mit den Presseabteilungen großer Sportvereine in Deutschland, landet man am Ende ziemlich sicher bei dieser knappen Formel. Denn in Zeiten immer schneller werdender Kommunikation fürchten Klubs, die längst zu Wirtschaftsunternehmen geworden sind, permanent um ihre Reputation.

„Dass Vereine ein Interesse daran haben, eine Marke aufzubauen und sie zu steuern, liegt an der wachsenden Ökonomisierung und auch enormen Professionalisierung des Sports“, sagt Mark Ludwig vom Institut für Kommunikations- und Medienforschung an der Deutschen Sporthochschule Köln (Foto: DSHS Köln). „Sie haben deshalb ein großes Interesse daran, die Kontrolle über die Kommunikation zu wahren.“ So weit, so verständlich. Was aber bedeutet der Trend zur Kontrolle für das Verhältnis zwischen den ehemaligen Partnern Pressesprecher und Journalist? Gibt es überhaupt noch ein Verhältnis, das diesen Namen verdient? Ja, bestätigen die Kollegen unisono.

Bei belastbaren Fakten könne man sich unverändert aufeinander verlassen, sagt etwa Sebastian Wolff, HSV-Reporter beim kicker: „Wenn es darum geht, ob ein Spieler verletzt ist, bekommen wir total verlässliche Informationen.“ Sobald sich Interpretationsspielräume auftäten, handelten Pressestellen dagegen im Sinne ihrer Arbeitgeber. „Wenn es um Transfers geht, erzählen sie uns nur das, was sie müssen“, sagt Wolff, fügt allerdings hinzu: „Das war schon immer so.“

Auch Markus Hörwick, vor seinem Ausscheiden in diesem Sommer 35 Jahre lang Medienbeauftragter des FC Bayern, kennt das Abwägen zwischen Reden und Schweigen bereits aus seinen Anfangsjahren. „Mein Job war es, immer zwischen den Stühlen zu sitzen. Der eine will es nicht verraten – der andere will es unbedingt wissen. Recht machen konnte ich es auf Dauer nie jemandem. Da hat sich nichts verändert“, sagt er. Allerdings räumt er ein, dass Vereine heute sehr viel genauer hinschauen würden, was – und vor allem wie viel – sie kommunizierten.

Leonhard Kazda, der für die Franfurter Allgemeine Zeitung unter anderem über Frankfurts Basketballer berichtet, hat zudem beobachtet, dass Vereine Meldungen zunehmend vorab einzuordnen versuchen. „Die Informationen kamen immer gefiltert an“, sagt er, „aber das Neue ist, dass Informationen, die nicht positiv sind, in größeren Zusammenhängen versteckt werden.“ So tauchten personelle Veränderungen schon mal am Ende von Pressemitteilungen über Events oder Positiv-Meldungen auf oder würden gelegentlich überhaupt nicht kommuniziert. Das führte einmal zu der unangenehmen Situation, dass ein freier Mitarbeiter tagelang bei einem Trainer anrief, der zu diesem Zeitpunkt wegen einer Operation planmäßig im Krankenhaus lag.

Kazda will das nicht als Vorwurf missverstanden wissen. Er habe nur gelegentlich „den Eindruck, dass Pressesprecher in manchen Fällen nicht informiert werden oder nicht zugeben dürfen, dass sie informiert wurden“. Hörwick kennt diese Situation nur zu gut und begründet sie mit einem raueren Klima auf dem News-Markt: „Wenn wir eine Meldung mit 70 Prozent Schärfe rausgeben, wissen wir, dass sie noch am selben Nachmittag mit 100 Prozent irgendwo in der Berichterstattung auftauchen wird. Und wenn man schon 100 rausgibt, sind es eben 130 Prozent, die daraus gemacht werden – und das sind 30 Prozent zu viel.“

Lesen Sie im zweiten Teil des dreiteiligen Pressesprecher-Reports, welche Journalisten es in puncto Recherche deutlicher einfacher haben als die meisten Kollegen.

Dieser Artikel stammt aus der Ausgabe Oktober 2016 des sportjournalist, die direkt beim Meyer & Meyer Verlag bestellt werden kann. Mitglieder des VDS können sich das Heft als PDF im Mitgliederbereich kostenlos herunterladen.