Mit Wasserfarben gemalter Pixelsalat

Startprobleme bei Eurosport

18.10.2017 Mit Eurosport gibt es einen neuen Player bei den Rechten der Fußball-Bundesliga. Der Start des Neulings verlief eher unglücklich. Es kam zu vielen technischen Problemen.
Autor: Gregor Derichs
Milliarden Euro und einige mehr fließen von Fernsehsendern und Medienkonzernen zur Deutschen Fußball Liga (DFL). Aber im Zeitalter, in dem angeblich die Digitalisierung fast alles bestimmt, klemmt es plötzlich an Grundsätzlichem. Grotesk und skurril, zugleich peinlich und ärgerlich entwickelten sich die Live-Übertragungen an den ersten Freitag-Spieltagen der Fußball-Bundesliga. Für Eurosport, das die Übertragungsrechte für 45 Partien, darunter alle Freitagbegegnungen, gekauft hatte, wurden sie zum Imagedesaster.

Bei der Saisoneröffnung des FC Bayern gegen Leverkusen fiel die Dysfunktion des Eurosport Players nur wenigen auf, weil der Auftakt auch öffentlich-rechtlich lief. An den folgenden Freitagen mit Köln gegen Hamburg und Hamburg gegen Leipzig trat die „Katastrophe“ ein, wie es HSV-Trainer Markus Gisdol ausdrückte, obwohl er die Spiele mit freiem Blick von der Bank aus verfolgt hatte.

Die Meinung vieler frustrierter Fußball-Interessierter gab er damit aber ebenso wieder wie die Haltung der meisten Klubs, die bei Sendeausfall in Stress geraten, weil die Abspielfläche der Sponsoren verloren geht. Drei Tage nach der Partie legte der HSV der DFL eine schriftliche Beschwerde vor. Der Verband hatte zuvor mitgeteilt, dass er die Verärgerung verstehe und bat Eurosport zum Rapport.

Live sehen konnte die Spiele wohl nur ein Bruchteil der Abonnenten, die bis zu 49,99 Euro pro Saison aufbringen müssen. Zur unüberwindlichen Hürde vor allem für wenig technikaffine Menschen wurde die komplizierte Installation des Players. Dass keine griffige Lösung präsentiert wurde, war ein erster Hinweis darauf, dass Eurosport und der dahinterstehende Konzern Discovery trotz der Investition von rund 70 Millionen Euro in Rechte die Anforderungen offenbar unterschätzt hatten. Wer im System eingeloggt war, sah wie mit Wasserfarben gemalten Pixelsalat, Standbilder oder Fehlermeldungen.

Eine derbe Panne für die schöne neue Streaming-Welt, wobei DAZN beweist, dass es viel besser geht. Auch wer den von Eurosport kurzfristig noch geöffneten Vertriebskanal über Amazon (4,99 Euro pro Monat) gewählt hatte, hatte keine Probleme. Und was per Satellit auf Eurosport 2 HD Xtra gezeigt wurde, war ohnehin nicht betroffen. Schließlich liefert die DFL über die Tochter Sportcast seit Jahren Topqualität.

Geflucht und gelästert, was das Zeug hielt

Die meisten Eurosport-Player-Nutzer sahen jedoch irgendwann schwarz, da das System völlig überlastet war. Im Netz wurde unter #eurosportplayer geflucht und gelästert, was das Zeug hielt. Kleinlaut gab der Sender bekannt, den geprellten Abonnenten zehn Euro zu erstatten. Das nach den anfänglichen Problemen abgegebene Versprechen, die Übertragung HSV gegen Leipzig am 3. Spieltag werde reibungslos über die Bühne gehen, konnte nicht eingehalten werden.

Auch für die DFL wurde der Vorfall zum Desaster, wenngleich sie durch das Bundeskartellamt mit der Anwendung der No-Single-Buyer-Rule dazu gezwungen wurde, die Liverechte nicht mehr allein an Sky zu verkaufen. Der Verband muss sich allerdings fragen lassen, warum er den noch nicht verbreiteten Vertriebsweg Streaming für die populären Freitagsspiele überhaupt akzeptiert hat. Und warum er darauf vertraute, dass Eurosport die technischen Voraussetzungen dafür erfüllen würde.

Datenintensive Lösungen stoßen schnell an Grenzen

DFL und Eurosport blieb es anscheinend verborgen, dass auch vier Jahre nach dem Geständnis der Bundeskanzlerin, wonach „das Internet für uns alle Neuland ist“, die Republik abseits der Ballungszentren bei der digitalen Technologie ein Sitzenbleiber ist. Für flächendeckende Vertriebsmethoden reichen offenbar die Kapazitäten nicht.
Das ist ein Geschäftshindernis für Medien aller Art. Aber auch andere datenintensive Lösungen stoßen schnell an Grenzen.

Das bekam die DFL mit Saisonbeginn auch an anderer Stelle zu spüren: Bei der Einführung des Videobeweises funktionierte nicht einmal die Vernetzung zwischen neun Bundesliga-Stadien mit der Zentrale in Köln wie geplant.

Im Zusammenhang mit dem Blackout des Eurosport-Fußballs erhält die Nachricht, dass Discovery nach zähen Verhandlungen doch noch Senderechte an den Olympischen Winterspielen 2018 (speziell Biathlon und Skispringen) an ARD und ZDF abgegeben hat, eine beruhigende Bedeutung. Auch für einige Wettbewerbe aus Pyeongchang kommt der Eurosport-Player in Frage. Bis Februar sollte er störungsfrei funktionieren.

Dieser Artikel stammt aus der Ausgabe Oktober/November 2017 des sportjournalist, die direkt beim Meyer & Meyer Verlag bestellt werden kann. Mitglieder des VDS können sich das Heft als PDF im Mitgliederbereich kostenlos herunterladen.