Ran an den Fan

Sportler und Social Media – Teil II

14.01.2016 Die Bayern sind auch online die Nummer eins. Kein deutscher Klub hat mehr Fans in den sozialen Netzwerken. Sportjournalisten müssen Antworten auf die zunehmende Eigenständigkeit der Vereine finden.
Autor: Thorsten Poppe
Im ersten Teil des dreiteiligen Social-Media-Reports ging es um die grundlegenden Entwicklungen. Für Sportjournalisten haben Facebook & Co. auch Nachteile. Profivereine überspringen sie mithilfe der sozialen Medien.

Bestes Beispiel für starke Aktivitäten in sozialen Netzwerken ist Marktführer Bayern München. Der Verein betreibt allein 18 Social-Media-Accounts. Bei Facebook hat der FCB 34,1 Millionen Follower.

Dem deutschen Twitter-Kanal folgen aktuell rund 2,5 Millionen Menschen, dem englischen 490.000 und dem spanischen 177.000. Zudem verzeichnet der Klub auf Instagram 4,9 Millionen Anhänger. Alles betreut von vier fest angestellten Mitarbeitern.

Stefan Mennerich ist Director of Digital Media beim FC Bayern und weiß um die Vorteile dieser neuen Kommunikationsplattformen für seinen Arbeitgeber: „Social Media gibt uns die Möglichkeit, unsere Fans weltweit zu erreichen, und zwar wann sie wollen, wo sie wollen und mit welchem Endgerät sie wollen“, sagt er.

Dadurch könne der FCB seine Fans an sich binden und auch neue gewinnen. „Dies ist für uns das Wichtigste an Social Media. Und erst wenn dies mit unserer Kommunikation gelingt, können wir damit nachgelagerte Ziele wie Internationalisierung, Markenbildung, Merchandising oder Sponsoring verfolgen“, sagt Mennerich, dessen Klub seit kurzem auch mit Yahoo zusammenarbeitet. Dabei geht es um die Verbreitung von FCB-Inhalten in Englisch, Spanisch und Deutsch.

Sportjournalisten müssen ihre neue Rolle finden

Für Mennerich sind wir Sportjournalisten als kritische Berichterstatter nicht zu ersetzen, aber, nüchtern betrachtet, werden wir seitens der Vereine immer mehr ausgespart. Wir sind einerseits nicht mehr nötig, um Nachrichten zu verbreiten, andererseits entfällt auch unsere Gatekeeper-Funktion.

Konnten wir früher noch selbst entscheiden, welche Informationen Relevanz beispielsweise für den Leser besitzen, ist diese Funktion im Zeitalter von Twitter und Co. für uns nicht mehr existent. Wie also mit dieser Entwicklung umgehen?

Zwar hat sich unsere Berufsgruppe längst die sozialen Netzwerke für ihre Recherche, Geschichten, und Veröffentlichungen zunutze gemacht. So hat zum Beispiel bei der Bild-Zeitung der jeweilige Vereinsreporter alle Social-Media-Accounts seiner Spieler, Ex-Spieler oder VIPs aus dem Umfeld ständig im Blick. Weil eben auch auf diesen Plattformen wichtige Nachrichten oder Statements verbreitet werden.

Distanz zwischen Medien und Sportlern wird größer

Kai Traemann, Head of Editorial Video & Sport Strategy bei Bild, findet zudem, dass dadurch die Arbeit erleichtert wird, weil damit kein großer Aufwand verbunden sei. Doch andererseits stellt er fest: „Die Nähe geht in den vergangenen Jahren immer mehr verloren.“

Traemann nennt eine mögliche Ursache. „Das kommt teilweise durch die Vereine, die ihren eigenen Content produzieren wollen, und die Spieler deshalb selbst interviewen, und den Medien nicht mehr zur Verfügung stellen. Ein bedauerlicher Trend, dessen Opfer am Ende der Fan sein wird, weil dieser teils nur noch eine geschönte Wahrheit erfahren wird.“

Es gebe, so Traemann, aber auch viele Accounts, wie etwa den von Lukas Podolski (Foto: GES-Sportfoto/Augenklick), „bei denen man merkt, dass der Sportler selbst agiert, und mich als User mitnimmt in sein Wohnzimmer, in seinen Alltag. Dann ist es ein Mehrwert, klar.“

Traemanns Redaktion verarbeitet zudem nicht alles, was in den Social Media geschrieben steht. Und weist damit schon einmal die Richtung im Umgang mit den veröffentlichten (Kurz-)Nachrichten. Denn natürlich bleibt es die Aufgabe von uns Journalisten, diese zu prüfen.

Gerade vor dem Hintergrund, dass es mittlerweile darauf spezialisierte Agenturen gibt, die die Social-Media-Accounts von Spielern professionell betreuen. Hier schreibt also nicht der Spieler authentisch selbst, wie es beispielsweise Podolski tut. Sondern ein PR-Profi.

Dies gilt es für den Rezipienten zu filtern, um eben nicht die geschönten Wahrheiten als Multiplikator weiterzuverbreiten. Auch wenn dieser Punkt selbstverständlich sein sollte: Wo Geschwindigkeit die Maxime ist, bleibt gerade eine solche Überprüfung manchmal eben auf der Strecke. Zumal es oft nicht ersichtlich ist, welcher Spieler selbst schreibt – und welcher sich betreuen lässt.

Lesen Sie im dritten und letzten Teil des Social-Media-Reports, welche Strategie Sportjournalisten hilft, sich gegen die Übermacht von Facebook & Co. zu behaupten.