Vom Verein zum Medienhaus

Sportler und Social Media – Teil I

12.01.2016 Social Media hat herausragende Bedeutung für eine professionelle Vermarktung im Fußball. Sportjournalisten schauen hingegen oft in die Röhre. Profivereine überspringen sie mithilfe der sozialen Medien.
Autor: Thorsten Poppe
Das Selfie aus der Kabine der deutschen Fußball-Nationalmannschaft nach dem WM-Auftaktsieg gegen Portugal mit Bundeskanzlerin Angela Merkel eroberte das Netz im Sturm. Ein einfaches Foto, aufgenommen von Lukas Podolski, hatte am nächsten Morgen bereits 12,6 Millionen Menschen auf Facebook erreicht. Die WM in Brasilien war das Turnier der sozialen Netzwerke. Nie twitterten die Stars mehr, nie hatten die internetbasierten Kurznachrichten auch medial eine solch große Bedeutung.

Mittlerweile gibt es weltweit knapp zwei Milliarden Smartphone-Nutzer, bei der WM 2010 waren es noch weniger als eine Milliarde. Und so brach das Turnier in Brasilien bei Twitter und Co. sämtliche Rekorde. Nie habe ein Großereignis so viel Datenvolumen verursacht, teilte Facebook mit.

Allen voran die jüngere Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen nutzt soziale Netzwerke wie Facebook, Instragram oder Twitter. Spitzenreiter unter den deutschen Fußball-Weltmeistern ist übrigens Mesut Özil, der derzeit auf gut 29 Millionen Facebook-Fans kommt. Bei Twitter hat der Offensivspieler des FC Arsenal 10,2 Millionen Follower.

Social Media immer bedeutsamer für Vermarktung

Gigantische Zahlen, die uns hier regelrecht um die Ohren fliegen. Deshalb nur noch einmal zur Einordnung: Die ARD-Sportschau lockt jeden Samstag um die fünf Millionen Menschen vor den Fernseher. Diese Quote gilt als enormer Erfolg.

Doch die Entwicklung der sozialen Medien steht erst am Anfang. Gerade die Bundesliga-Vereine werden dadurch immer mehr zu Sendern. Auf einmal besitzen die Profiklubs damit die Möglichkeit, direkt ihre Fans zu erreichen, und somit ungefiltert ihre eigenen Themen an sie zu senden. Deshalb gewinnt Social Media immer mehr Bedeutung für eine professionelle Vermarktung im Fußball.

„Die Sportjournalisten werden durch die Nutzung von Social Media seitens der Profivereine oder Verbände im Sport immer mehr übersprungen“, hat Sportjournalismus-Professor Thomas Horky von der Macromedia Hochschule Hamburg festgestellt.

„Vereine entwickeln sich zu einem Medienhaus“

„Insbesondere im Fußball ist zu beobachten, dass sich die Vereine dort mehr und mehr zu einem Medienhaus entwickeln und darüber Agenda-Setting betreiben“, so Horky, „also die von ihnen ausgewählten Themen über die sozialen Medien transportieren. Diese Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen.“

Wir Sportjournalisten sehen uns mit dieser Entwicklung völlig neuen Spielregeln gegenüber. Denn zum einen sind viele Rezipienten dadurch in vielen Fällen gleich gut informiert, weil sie wie wir auf dieselbe Informationsquelle zurückgreifen können.

Zum anderen ist auf einmal nicht mehr die Nähe zum Trainer oder Sportler entscheidend, um informieren zu können. Sondern die digitale Vernetzung mit deren Profilen. Und der Wettbewerbsvorteil für eine Berichterstattung von uns Sportjournalisten geht dahin. Auch weil die Vereine uns nicht mehr benötigen, um eben ihre Botschaften der Welt zu verkünden.

Lesen Sie im zweiten Teil des Social-Media-Reports, wieso der FC Bayern München auch im deutschsprachigen Netz die Nummer eins ist.