Ludger Schulze zum 65. Geburtstag – Es begann in Moskau

Verein Münchner Sportjournalisten (VMS)

30.07.2015 Für Ludger Schulze war der 30. Geburtstag ein trauriger. Der junge Mann dachte, dass es nun nur noch abwärts gehen konnte. Ein Irrtum, zum 65. Wiegenfest gratulieren die Kollegen des Vereins Münchner Sportjournalisten (VMS) umso herzlicher.
Autor: Michael Gernandt
Wenn die Erinnerung nicht trügt, war der 28. Juli 1980 für unsereins ein Tag wie jeder andere: Wie gehabt, viel Arbeit bei diesen merkwürdigen Boykottspielen in Moskau. Nur dieser junge Kollege aus München schien ihm besondere Bedeutung zuzuordnen. Warum sonst hätte er beschließen sollen, sich frühmorgens auf der Zimmertoilette im „Hotel Rossia“ zu verbarrikadieren, für einen Anfall von Schwermut.

In Anbetracht sich mehrender Klagelaute aus dem Inneren der Hygieneeinheit begann sein ausgeschlossener Mitbewohner sich zu sorgen. Will der Kollege sich etwa die Kloschüssel herunterspülen? Was in aller Welt ist passiert? Die Auflösung: Unser junger Freund war soeben 30 Jahre alt geworden und der aberwitzigen Meinung, die schönste Zeit des Lebens bereits hinter sich zu haben. Dass die damals noch vor ihm lag, dem wird Ludger Schulze genau 35 Jahre später, wenn er 65 wird, kaum widersprechen.

Moskau 1980 – vier Jahre nach seinem Start im Printjournalismus als Volontär bei der Süddeutschen Zeitung – war der erste Höhepunkt einer bemerkenswerten Journalistenlaufbahn. Die Etappen: SZ-Sportredakteur bis Juli 1990, bis Frühjahr 1991 stellvertretender Ressortleiter der Seite Drei, der Reportagenseite der SZ, anschließend anderthalbjähriger Abstecher zu einem Nürnberger Verlag, zu Beginn 1993 SZ-Comeback als Stellvertreter des Sportchefs, 1998 Aufnahme ins SZ-Impressum, 2003 allein verantwortlicher Sportchef, Ende Juli 2010 mit 60 auf Rat der Ärzte viel zu frühes Ende der Dienstzeit. Danach Rückzug ins „Paradies auf Erden“ – das neue Zuhause im Rupertiwinkel.

Diese Chronologie verrät viel, die Klasse seiner Arbeit deutet sie indessen nur an. Genauer betrachtet, war/ist Ludger Schulze dank Formulierungsgeschicks, Meinungsstärke und steten Bemühens um Distanz zum Kommerzsport einer der Profiliertesten im Lande. Der in den 1980er-Jahren begonnene Aufstieg der SZ zu einem Leitmedium auch in der Sportberichterstattung ist ganz wesentlich auch sein Verdienst. Früh erkannte er: „Der Oberflächlichkeit der Hashtag-Generation ist nur mit der Nachdenklichkeit des Qualitätsjournalismus beizukommen.“ Auch junge Schreibtalente, die er, einer Tradition des SZ-Sports folgend, erkannte und förderte, halfen ihm dabei.

Anfangs Allrounder – Freund des Radsports, Boxens, Handballs sowie Kenner, aber nicht aktiver Begleiter der Leichtathletik – und deshalb vielfach umtriebig bei Olympischen Spielen, tobte sich L. S. journalistisch indes am liebsten im Fußball aus. Hier war er ganz nah dran – Nationalmannschaft, FC Bayern, DFB –, hier knüpfte er sein Netzwerk am dichtesten.

Was vergessen? Höchstens dies: Willkommen im Klub der Rentner!