Nachruf Gerhard Schmid – Vorbild und Ratgeber nicht nur für junge Kollegen

Verein Nordbayerischer Sportjournalisten (VNBS)

18.12.2015 Er war kreativ und garantierte Lesevergnügen. Doch Gerhard Schmid war auch ein hilfsbereiter Kollege. Am 4. Dezember ist er im Alter von 65 Jahren überraschend verstorben. Der VNBS trauert um einen großartigen Kollegen und vor allem um einen liebenswerten Menschen.
Autor: Markus Löser
„Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.“ (Albert Einstein)

Auf dem offensichtlich schon in die Jahre gekommenen, leicht vergilbten und an den Rändern teilweise bereits eingerissenen Stück Papier an der Wand neben seinem Arbeitsplatz bei der Abendzeitung Nürnberg prangte für jeden unübersehbar das Leitmotiv von Gerhard Schmid (Foto: Udo Dreier). Und Schmidla, wie er sein Leben lang von Freunden, Kollegen und sogar seiner Ehefrau genannt wurde, setzte es um, wie es nur den Besten der Zunft gelingt.

Geboren am 16. Juli 1950, verdiente er sich als 15-Jähriger seine ersten journalistischen Meriten bei seiner Heimatzeitung Selber Tagblatt. Wenn Schmidla seine Texte aus für moderne Tastaturen fast bedrohlicher Höhe ins System hackte, war größtes Lesevergnügen garantiert.

Der langjährige stellvertretende Ressortleiter Sport bestach durch einen schier unerschöpflichen Wortwitz, hatte ein sensationelles Gefühl für Formulierungen und (teils überraschende) Übergänge. Dank seines (Insider-)Wissens rundete er seine Artikel mit der nötigen Tiefe ab. Egal ob 30-Zeiler, Aufmacher oder blatthohes Interview.

Für eines dieser zu Papier gebrachten Gespräche war einmal allerdings ausschließlich Schmidlas Fantasie und Kreativität gefragt. Vor gut 30 Jahren war ein AZ-Kollege mit Gernot Leistner, dem Organisator der Autorennen auf dem Nürnberger Norisring, zum Interview verabredet. Dumm nur, dass der Schreiber nach dem Termin in einem Restaurant zum Kneipenbummel (zum Zwecke der Vertiefung des Kontakts) mit „Mister Norisring“ aufbrach – und in der Prä-Mobilfunkzeit einfach nicht mehr ausfindig zu machen war.

Motorsport und Eishockey, das waren Schmidlas Steckenpferde

Der Redaktionsschluss rückte unaufhörlich näher, die 300 Zeilen Blindtext drohten von einer Eigenanzeige plattgemacht zu werden. Spätdienstler Schmid klatschte in die Hände, steckte sich eine Zigarette an, nahm – wie fast immer – nur zwei Züge (der Rest verrauchte im Ascher) und legte los. Keine halbe Stunde später ging das „Interview“ in Druck. Als Leistner am folgenden Tag anrief, ging Schmidla in Erwartung einer Kopfwäsche in Deckung. Doch Leistner wollte sich nur bedanken: „Allergrößten Respekt, Schmidla! Das mit Abstand beste Interview, das ich je gegeben habe.“

Motorsport und Eishockey, das waren Schmidlas Steckenpferde. Er selbst teilte in jungen Jahren harte Checks aus, ließ die Handschuhe aber nur fallen, um sich nach Spielende mit Kameraden und manchmal Gegenspielern „das eine oder andere Hefeweizen einzuweisen“. Später, in Nürnberg, war er eines von neun Gründungsmitgliedern des EHC 80, dessen Profimannschaft seit 1995 als Ice Tigers in der DEL firmiert.

Verlässlicher und humorvoller Kollege

Nach seinem Volontariat bei der Frankenpost in Hof warb ihn die Nürnberger Zeitung ab, der Abstecher in die PR-Abteilung von adidas blieb ein Intermezzo. „Aus Liebe zum kritischen Journalismus“ zog es das Mitglied des VNBS zu den Nürnberger Nachrichten, doch das Angebot der Abendzeitung, seinem „Lieblingsblatt in Nürnberg“, konnte und wollte er Ende der 1970er Jahre „einfach nicht ausschlagen“. Und dort blieb er: als Vorbild und Ratgeber nicht nur für junge Kollegen, als nimmermüder Producer, als verlässlicher und humorvoller Kollege, als Mensch, der sein (Arbeits-)Leben in vollen Zügen genoss.

Nachdem die AZ, vormaliges 8 Uhr-Blatt und älteste Boulevardzeitung Deutschlands, 2012 für immer dichtgemacht wurde, wurde es dem Griechenland-Fan nicht langweilig. Schmidla frönte der Gartenarbeit, verzückte seine Familie, Freunde und ehemaligen Kollegen mit kulinarischen Genüssen. Bis er völlig überraschend am 4. Dezember im Alter von nur 65 Jahren verstarb.

„Fantasie aber umfasst die ganze Welt und alles, was wir je wissen und verstehen können.” (noch einmal Einstein)