Nachruf auf Nicolas „Nicu“ Munteanu – Mit Würde und in aller Bescheidenheit

Verein Münchner Sportjournalisten (VMS)

14.04.2016 Nicolas Munteanu war stets ein kritischer Sportjournalist. Selbst im diktatorischen Rumänien ließ er sich nicht einschüchtern. Nun ist das Urgestein des Vereins Münchner Sportjournalisten im Alter von 93 Jahren verstorben.
Autor: Michai Rusu
Das drittälteste Mitglied des Vereins Münchner Sportjournalisten schaut nun aus dem Himmel auf uns herab. Nicholas Munteanu, „Nicu“ wie er genannt und gerufen worden ist, hatte das Licht der Welt am 20. Februar 1923 in Campina in der Region Walachei (Rumänien) erblickt. Als Schüler begann er über die Wettbewerbe zwischen den Gymnasien in Bukarest zu schreiben und zu berichten. Ziemlich früh wurde klar, dass sich aus dem jungen Munteanu mal ein großer Reporter entwickeln würde.

1946 – im Jahr der großen Schauprozesse der Kommunisten in Rumänien – wurde Marschall Ion Antonescu, Hitlers Verbündeter gegen die Sowjetunion, zum Tode verurteilt. Der geheimen Exekution durfte nach langer Überlegung der Machthaber ein einziger Journalist beiwohnen. Das war Nicu.

Nach Kritik an Spieler zum Rapport ins Innenministerium

In der neuen Ära der rumänischen Arbeiter- und Bauerngesellschaft durfte Nicu weiter sein Hobby als Beruf ausüben – aber stets nur bis zu einer gewissen Grenze. Als er etwa über einen Außenstürmer von Dinamo Bukarest, Klub des Geheimdienstes Securitate, seine kritische Meinung schrieb, musste er gleich zum Rapport ins Innenministerium und dem berüchtigten Innenminister Alexandru Draghici Rede und Antwort stehen.
 
Nicu jedoch erklärte offen und ehrlich, dass dieser Stürmer grottenschlecht sei und wich nicht von seiner Einschätzung ab. „Der Stürmer ist schließlich Parteigenosse, deshalb muss er spielen“, sagte der Minister nur, akzeptierte aber letztendlich Nicus Kritik. Der junge Reporter durfte weiter berichten.
 
Nach seiner Ausreise aus Rumänien 1960 über Israel landete Nicu in München beim Sender Freies Europa. Von zehn Fußball-Weltmeisterschaften und neun Olympischen Spielen hat er live berichtet. Ebenso von unzähligen Europameisterschaften, die letzte 2008, und von zahlreichen sportlichen Großereignissen wie Tennisturnieren, Leichtathletik-Weltmeisterschaften bis hin zum Skispringen. 30 Jahre lang übertrug Nicu sie ins kommunistische Zuchthaus Rumänien. Wenn er um 18.50 Uhr Ortszeit die Sportsendung begann, waren alle auf der gleichen Wellenlänge mit dem Sender Freies Europa, um die Nachrichten und seine Stimme zu hören.
 
Nicu hatte stets einen witzigen Spruch parat

1988 ging Nicu in Rente. Ich hatte das Glück die Sportredaktion zu übernehmen – mit dem besten Freelancer: Nicu Munteanu. Zusammen haben wir die Tradition fortgeführt und dabei großen Spaß gehabt. Seine Highlights waren Interviews mit Pelé, Franz Beckenbauer, Boris Becker, Günther Bosch, Ion Tiriac und viele andere großen Sportlern und Sportlerinnen aus aller Welt. Nicu war immer gut drauf, hatte stets einen witzigen Spruch parat. Er liebte seine Familie über alles, vor allem seinen einzigen Sohn Alwin.
 
Nicu ging, wie er gelebt hat: mit Würde und in aller Bescheidenheit. Er starb am 6. April 2016. Seine Familie hat den Tod des Seniors mit Stolz getragen und war überrascht, wie viele Leute ihn auf seinem letzten Weg auf dem Jüdischen Friedhof in München begleitet haben. Der Blumenkranz des VMS, mit den treffend einfachen Worten „Servus Nicu“, die Anwesenheit von Bayern Münchens Mediendirektor Markus Hörwick sowie die persönliche Anteilnahme des VMS-Vorsitzenden Thomas Walz, der Nicu seit 40 Jahren kennt, haben einen schönen Eindruck hinterlassen.
 
Am Mikrofon des Senders Freies Europa hat er so angefangen: „Hier spricht Nicolae Munteanu.“ Jetzt wird er seine Lebenssendung so beenden: „Nicolae Munteanu bedankt sich für Eure Aufmerksamkeit.“
 
Michai Rusu arbeitet für Sender Freies Europa München