Ludger Schulze zum 70. Geburtstag – Ein couragierter Journalist

Verein Münchner Sportjournalisten (VMS)

28.07.2020 Über einen sehr langen Zeitraum prägte Ludger Schulze die Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung. Weggefährten bezeichnen ihn zu Recht als „die Legende“. Am 28. Juli wird das vielfach ausgezeichnete Mitglied des Vereins Münchner Sportjournalisten 70 Jahre alt.
Autor: Harald Stenger
Vorab die wichtigste Info für alle, die Ludger Schulze an seinem 70. Geburtstag am 28. Juli gratulieren wollen: Er wird telefonisch nicht erreichbar sein, da er sich im Familienkreis zurückzieht. Alle Freunde, die Ludger gut kennen, wird das nicht überraschen, denn von jeher steht er nicht gerne im Blickpunkt. Vielmehr war und ist er ein Mann der leisen Töne, obwohl seine journalistische Laufbahn guten Grund bieten würde, gerade heute im Zeitalter des ausufernden Profi(t)-Sports selbstbewusst gelegentlich die Stimme zu erheben (Logo: VMS).

Als er 2017 in Hamburg vom Verband Deutscher Sportjournalisten mit dem Deutschen Sportjournalistenpreis für sein Lebenswerk geehrt wurde, brachte Jupp Heynckes die Qualitäten von L.S. in seiner Laudatio auf den Punkt: „Er ist ein couragierter Journalist mit Mut zur eigenen Meinung. Seine schön formulierten, mit feiner Ironie durchsetzten Beiträge waren oft journalistische Glanzstücke, die selbst in der an guten Schreibern ja nun wahrlich nicht verlegenen Süddeutschen Zeitung hervorstachen.“

Ludger Schulze gehörte von 1976 bis 2010 mit einer kurzen Unterbrechung der SZ-Redaktion an. Er begann als Volontär, schnupperte 1980 bei den Olympischen Spielen in Moskau erstmals die Atmosphäre internationaler Top-Events, wechselte später von der Sport- in die Seite-3-Redaktion, bevor er 1993 stellvertretender Ressortleiter im SZ-Sport wurde und diesen von 2003 bis 2010 leitete.

In dieser Zeit setzte er nicht nur weiterhin journalistische Maßstäbe mit der Redaktion, sondern erwarb sich auch den Ruf, ein gutes Näschen dafür zu haben, journalistische Talente zu fördern. Viele bekannte Namen haben ihm viel zu verdanken, etwa Axel Hacke, Thomas Kistner und Klaus Hoeltzenbein von der heute älteren Generation oder noch etwas jüngere Kollegen wie Philipp Selldorf, Christof Kneer, Ronald Reng und Raphael Honigstein.

Es ist daher durchaus zutreffend, wenn ihn diese Weggefährten, mit denen er ebenso wie mit seinem Vorgänger Michael Gernandt und seinem Intimus Martin Hägele noch heute Kontakt pflegt, gern als „die Legende“ bezeichnen. Ludger geht das oft sehr nahe, nicht nur aus nostalgischen Gründen, sondern auch, weil ihm der Redaktions-Alltag immer wieder mal fehlt (Schulze-Foto: privat/Margit Schulze-Aschauer).

Doch auf ärztliches Anraten hin musste er sich 2010 ins Privatleben nach Laufen an der Salzach zurückziehen. Und von dort aus ist er unter neuen Vorzeichen ein interessierter Beobachter des heutzutage stark vom Kommerz geprägten Sports und des im digitalen Zeitalter vielfach oberflächlich gewordenen Sportjournalismus-Alltags.

Eine persönliche Anmerkung: Wann immer wir uns auf den Besuch einer Fußball-Welt- oder Europameisterschaft vorbereiteten, kam irgendwann von Ludger die ehrliche und keineswegs nur kokettierende Frage: „Meinst du, ich schaff’ das noch, von der Leistung her mit den jungen Kollegen mitzuhalten? Die Antwort war stets die gleiche: ‚Wenn es einer schafft, dann bist du es, lieber Ludger!’“ Denn er war eine von allen geschätzte Edelfeder und ein Zeitgenosse, der nicht durch seiner brillanten Schreibe auffiel, sondern bis zuletzt außerdem knallhart analysieren konnte und wollte, der unbeirrt seine Kritik formulierte und bei allem Respekt vor den handelnden Personen keine falschen Rücksichten kannte.

Er durchschaute frühzeitig die Doping-Scheinheiligkeit im Radsport

Das spürte am meisten die deutschen Nationalmannschaft, der FC Bayern und der DFB, aber auch manch andere Person oder Institution des nationalen und internationalen Sports. Nahezu prophetische Gaben bewies Ludger Schulze Ende der 1990er-Jahre als Tour-de-France-Berichterstatter. So leidenschaftlich und gern er bei der „Großen Schleife“ dabei war, sehr früh ging er auf Distanz zu den Stars des Metiers wie Lance Armstrong, weil er die Doping-Scheinheiligkeit in den Rennställen in aller Sachlichkeit frühzeitig durchschaute. Typisch Schulze, der sich als Mensch und Journalist immer treu geblieben ist.

Seine Liebe zum Radsport holt ihn jedoch heute bei gutem Wetter fast täglich ein. Dann sitzt er auf seinem E-Bike und fährt 40, 50 Kilometer durch die Gegend, erst kürzlich mit kicker-Chefreporter Carlo Wild, der ihm in alter Verbundenheit einen Besuch abstattete. Wir wünschen Ludger Schulze, der seit vielen Jahren dem Verein Münchner Sportjournalisten angehört, dass er noch lange seinem Hobby frönen kann.