Zum Tode von Hans Rauchensteiner – Das Auge des Sports

Verein Münchner Sportjournalisten (VMS)

08.03.2021 Er war einer der renommiertesten Fotografen hierzulande und dennoch ohne Allüren. Kolleg*innen schätzten Hans Rauchensteiner für Humor und Herzlichkeit. Am 6. März ist der vielfach ausgezeichnete Bildkünstler, Mitglied des Vereins Münchner Sportjournalisten, gestorben. Er wurde 72 Jahre alt.
Autor: Wolfgang Uhrig
Als er im Dezember 2013 seinen 65. Geburtstag feierte, schrieb ihm Sammy Minkoff „als Freund und Kollege“ in einer Gratulation für den sportjournalist diesen Schlusssatz: „Vielleicht findest Du jetzt Zeit und Gelegenheit, um das Leben mit Deiner Frau Hanne zu genießen.“

Offenkundig nahm er diesen Rat nicht so ernst, denn bei seinem 70. vor zwei Jahren war er noch immer aktiv, immerhin aber versprach er in der Laudatio im VDS-Magazin: „Ich will es demnächst ruhiger angehen lassen, nur noch kleine Termine wie ab und zu mal hinterm Tor in der Allianz-Arena.“ Und dort ereilte ihn jetzt der Tod, am Abend des 6. März beim Heimspiel des FC Bayern gegen Dortmund. Hans Rauchensteiner, das Auge des Sports, starb nach einem Herzinfarkt (Foto Bayern-Torwart Walter Junghans in Liverpool 1981: Rauchensteiner).

Die Betroffenheit unter Kolleg*innen war groß am Morgen danach. Alexander Hassenstein weckte von der Hallen-WM der Leichtathleten aus in Polen mit dieser Nachricht befreundete Journalisten aus dem Schlaf. Rüdiger Schrader beschrieb auf Facebook einen „hochgeschätzten Menschen, sein Lächeln, seinen Witz, seine Fröhlichkeit, seine Herzlichkeit und seinen Humor“.

„Einer der besten und liebenswertesten Kollegen“

Für Stefan Matzke, einer der VDS-Fotografensprecher*innen, war Hans Rauchensteiner ein „sensationeller Fotograf, der immer ein Auge für den ganz besonderen Augenblick hatte, beruflich und menschlich ein Vorbild“. Fred Joch, wie der am 19. Dezember 1948 geborene Rauchensteiner ein Urgestein der Branche, lobte: „In 50 Jahren war Hans einer der besten und liebenswertesten Kollegen, die ich kennenlernen durfte.“  

Auf der Website des FC Bayern schätzte man Rauchensteiner „wegen seiner höflichen und freundlichen Art. Deshalb gewährten ihm die Sportler oft tiefere Einblicke, da sie sich eines vertrauensvollen Umgangs mit ihm sicher sein konnten.“

Hans Rauchensteiner – sein Leben war die Fotografie. Damit begann er in seiner Heimatstadt Landshut, wo er als Kind für eine Kamera sparte und später auf Objektsuche durch die Stadt schlenderte. Eines Tages, so erzählte er gerne, habe er dann Renate getroffen: „Ein bildhübsches Mädchen, 17 Jahre, angehende Schauspielerin.“ Die Mutter dieser jungen Schönheit soll von den Bildern, mit einem Blick in die Zukunft, geschwärmt haben: „Hans, Sie müssen später mal Fotograf werden“ (Rauchensteiner-Foto: Witters).

Das aber dauerte. Erst war er noch Panzerfahrer bei der Bundeswehr, dann Dreher, später Maschinenbautechniker bei Siemens. Das Fotografieren war für ihn noch immer nicht mehr als ein Hobby. Bis er dann einem Mitarbeiter von Sven Simon auffiel. Die Bild-Agentur des Sohnes Axel Springers akkreditierte ihn für die Fußball-WM 1974 in Deutschland. Dafür nahm sich Rauchensteiner bei Siemens den Jahresurlaub – und ging nie mehr zurück.

Er gehörte einfach dazu, der Münchner mit dem Schnauzer

Er arbeitete fortan für Sven Simon. Ab 1. Januar 1980 wagte er den Schritt in die Selbstständigkeit. „Das erste Jahr war eine Katastrophe: 118.000 D-Mark Umsatz, 110.000 D-Mark Ausgaben, also 8000 D-Mark Verdienst vor Steuern.“ Doch es kamen bessere Zeiten. Eine Werbeagentur zahlte für eine Uhrenkampagne pro Tag so viel, wie er sonst in einem ganzen Monat verdiente.

Und immer wieder kamen lukrative Aufträge von Illustrierten, großen Buchverlagen. Er fotografierte bei 18 Olympischen Spielen, 22 Wimbledon-Turnieren, neun Fußball-Weltmeisterschaften, bei ungezählten Ski- und Leichtathletikevents – er gehörte einfach dazu, der Münchner mit dem Schnauzer.

Die Liste der Auszeichnungen reicht vom „World-Press-Foto 1978“, dem 1. Platz in einem IOC-Wettbewerb 1989, den Siegen 1987 und 1993 beim „Sportfoto des Jahres“ von kicker und Verband Deutscher Sportjournalisten bis zum Sven-Simon-Preis 2010. „Dafür gab es stolze 10.000 Euro,“ erzählte Hans Rauchensteiner einmal, „aber wichtiger war mir, dass es der Preis meines Mentors und Freundes Axel jr. war“ (Logo: Verein Münchner Sportjournalisten).

Würdigungen als Auszeichnungen und Ansporn zugleich. Um immer weiter noch dem selbst gestellten Anspruch gerecht zu werden. Auch über das Rentenalter hinaus. Obwohl ihm doch das Herz immer mal wieder Probleme machte. „Am Samstag im Presseraum der Allianz-Arena hatte Hans plötzlich über Übelkeit geklagt,“ berichtet der Kollege Günter Schiffmann.

Aber da war auch noch sein Ehrgeiz, dieser Termin Bayern gegen BVB. Und wo er sich doch glücklich schätzte wegen der Akkreditierung. Die war ihm durch Losentscheid zugefallen. Es habe nur noch ein Ticket zur Verfügung gestanden, wie Kollegen berichten. Das letzte Spiel für Hans Rauchensteiner – der Schlusspunkt für ein Auge des Sports, mit 72, bei der Arbeit im Fußballstadion. Er hinterlässt neben Ehefrau Hanne auch Sohn Michael.

Wir danken Thorsten Baering (Aufmacherfoto) und Valeria Witters (Textfoto) für die Erlaubnis, die Bilder nutzen zu dürfen.