Herbert Watterott zum 80. Geburtstag – Den Schalk im Nacken

Verband Westdeutscher Sportjournalisten

21.09.2021 Radrennen waren und sind seine Leidenschaft. Allein 41-mal berichtete er von der Tour de France. Am 21. September wird Herbert Watterott, Mitglied des Verbandes Westdeutscher Sportjournalisten, 80 Jahre alt.
Autor: Jan Möller
Als er 2006 in Rente ging, hatte ich alle seine Autogrammkarten. Sie hingen in chronologischer Reihenfolge an meiner Pinnwand im Büro. Vom jungen Herbert mit Koteletten in schwarz-weiß, bis hin zum aktuellen Modell, auf dem er aussah wie sein Großvater. Die letzte Karte habe ich dann selbst gebastelt, aus dem Zeitungsfoto einer Mumie (der Mund hatte eine gewisse Ähnlichkeit). Dass ich mir jemals diesen Scherz erlauben würde, hätte ich anfangs nie gedacht.

Denn bei unserer ersten Begegnung, im winzigen Kopierraum der Sportschau, Anfang der 1980er-Jahre, richtete Herr Watterott eine große Papierschere auf mich, und aus seinen Augen schossen Blitze. Offensichtlich hatte ich – damals Redaktionsstudent – ihn bei seiner Lieblingsbeschäftigung gestört, dem Zerschneiden der „L’Équipe“. Ein traditioneller Teil seiner intensiven Vorbereitung auf die Radsportsaison (Logo: Verband Westdeutscher Sportjournalisten).

Radrennen waren und sind seine Leidenschaft. Allein 41-mal war er bei der Tour de France. Das erste Mal 1965, als Fernsehen noch ein Abenteuer war. Als Radreporter war er einzigartig. Seine Stimme mit dem rheinischen Sound war unverwechselbar. Keiner konnte Wörter wie „Teufelslappen“ oder die Zieleinläufe von „Erik Zabel, dem Mann aus Unna, mit den spurtgewaltigen Beinen“ so über den Sender bringen wie er.

Richtig kennen und schätzen gelernt habe ich Herbert Watterott durch unsere gemeinsame Sportart Eishockey. Zunächst als sein Assistent, später dann als Reporterkollege. Ich war zutiefst beeindruckt von seiner peniblen Vorbereitung. Schon weit im Vorfeld eines Spielberichts, verschanzte er sich im Büro und trug in Schönschrift, mit bunten Textmarkern und Klebestift, alle Informationen über die anstehende Begegnung zusammen.

Dank des Neandertalers ging es Schlag auf Schlag

Herbert begann seine Eishockey-Berichte am allerliebsten mit Fans und Wunderkerzen. Für alle Fälle hatte er immer eine Kassette dabei mit einem „Best-of funkelnder Tribünen“ sowie einer zweisekündigen Trickfilmsequenz eines Neandertalers, der sich mit einer großen Holzkeule auf den Kopf haut.

Dieser kam immer dann als „Trenner“ zum Einsatz, wenn im Schnitt die Zeit für den Beitrag eigentlich schon verbraucht war, im Schlussdrittel aber dummerweise noch Tore fielen. Mit den Worten „Dann ging es Schlag auf Schlag“ pflegte er solche Situationen zu retten: Neandertaler – Tor – Neandertaler – Tor (Eishockey-Foto: Fotoagentur Kunz/augenklick).

Auf diese Weise konnten problemlos noch vier Treffer in 30 Sekunden verwurstet werden. Die Sache mit dem Neandertaler hatte er exklusiv, einiges habe ich mir gemerkt. Den Unterschied zwischen nacheinander und hintereinander beispielsweise oder: „Es gibt ’ne fünffache Muttersau aber keinen fünffachen Deutschen Meister.“

Herbert hat den Schalk im Nacken. Fast allen Kollegen gab er Spitznamen („Pygmäenhäuptling“, „Zitteraal“, „Dracula“ oder „Humpelstilzchen“) Wenn er einmal in Fahrt war, war der Abend gerettet. Vor einem Jahr haben wir uns nochmal im kleineren Kollegenkreis getroffen. Gut sah er aus, der Herbert!

Seinen Trainingsunfall mit dem Rennrad, vor ein paar Jahren, hatte er soweit überstanden, jedenfalls nahm er auf dem Weg in die Kneipe entschlossen die gefährliche Abkürzung über die mehrspurige Kölner Nord-Süd-Fahrt. Ich konnte ihn nicht davon abbringen („Hör up jetz“).

Bei der Gelegenheit haben wir kurz den modernen WDR-Sportcampus besucht. Ich habe mich oft gefragt, wie er wohl mit einer solchen Veränderung zurechtkäme. „Mami, Hilfe!“ war alles, was er dazu zu sagen hatte.

Jedes Jahr zu Weihnachten schreiben wir uns. Und jedes Mal erinnert er mich weise: „Genieße jeden Tag, denn die Zeit und das Wasser im Fluss fließen nicht zurück.“ In diesem Sinne: Happy Birthday, lieber Herbert! Alles Gute zum 80. Bleib’ gesund!