VMS-Vize Margit Conrad

„Liebe Kolleginnen, habt Mut einzusteigen“

26.09.2022

Das Standing der Sportjournalistinnen im Fußball hat sich gebessert. So sieht es Margit Conrad, stellvertretende Vorsitzende des Vereins Münchner Sportjournalisten. Sie wünscht sich aber, dass es noch mehr weibliche Medienschaffende gibt.

 

Der Verein Münchner Sportjournalisten verzeichnete schon einmal einen Mitgliederbestand von knapp über 400, pandemiebedingt erlebte auch er einen kleinen Aderlass. 391 Mitglieder können sich trotzdem sehen lassen, nicht jedoch der Anteil der Frauen in dem von Männern nach wie vor stark dominierten Sportjournalismus. Nur zwölf Prozent – also 48 Frauen – scheinen sich in diese Materie, diesen Aufgabenbereich zu „trauen“ (Schlammerl-Foto: Ina Fassbender).

Das sei viel zu wenig, sagt VMS-Geschäftsführer Diethelm Straube. Zwar bestätigt Elisabeth Schlammerl als 1. Vizepräsidentin des VDS, dass das zahlenmäßige Verhältnis weiblicher und männlicher Sportjournalisten im Dachverband ähnlich gelagert sei, doch das ist für Straube kein Grund aufzuatmen. Schließlich rückten in vielen Sportarten, in denen man es jahrzehntelang nicht für möglich gehalten habe, längst auch die Frauen in den Mittelpunkt des Geschehens. Und warum sollten diese Aktivitäten nur von männlichen Sportjournalisten beleuchtet werden?

Die stellvertretenden VMS-Vorsitzende Margit Conrad kann ein Lied davon singen, wie oft sie in den 1980er- und 1990er-Jahren belächelt und verhöhnt wurde, weil sie sich getraut hat, über Fußball zu schreiben. Natürlich passierte das auf Lokalebene im unterklassigen Bereich. Als wäre es gestern gewesen, erinnert sie sich noch gut an ein wegen Wintereinbruchs im März ausgefallenes Nachholspiel der damaligen Spielvereinigung Moosburg beim SC Kirchasch am Ostermontag.

„Damals noch mit Stift und Block bewaffnet stand ich am Spielfeldrand, um die Szenen, Vorfälle und Tore zu notieren. Es war warm, sehr warm, und alles lief gut. Doch plötzlich war da eine Alkoholfahne, die mich bald umgehauen hat. Noch nicht ganz ausgenüchtert, lallte ein Kirchasch-Fan mir über die Schulter.“ „Wos schreibst denn do, woast du scho, was a Abseits is?“ Und was sagte ich: „Na, aba du werst es mir ja glei erklärn.“ Dazu kam es nicht, denn der Fan wurde von SCK-Verantwortlichen „abgezogen“ (Conrad-Foto: privat).

So etwas passiert Frauen, die über den FC Bayern oder andere hochklassige Vereinen schreiben, vielleicht nicht auf diese Art und Weise. Aber gefeit vor Anfeindungen und beleidigenden Kommentaren sind auch sie nicht. „Gerade die Social-Media-Kanäle bieten heutzutage Plattformen für unqualifizierte Kommentare“, sagt Schlammerl, deren Spezialgebiet neben dem Wintersport eben der Fußball ist. „Weil man einfach schneller was loswerden kann und sich nicht wie früher hinsetzen, einen Leserbrief schreiben und diesen dann noch zur Post bringen muss.“

Aber das Standing der Sportjournalistinnen hat sich in der Fußballberichterstattung deutlich gebessert. Und Margit Conrad erzählt, dass es auch in den 1980er- und 1990er-Jahren hochkarätige Trainer gegeben hat, denen es egal war, wem sie Auskunft geben oder Fragen beantworten sollten, und von denen man als eine über Fußball schreibende Frau absolut korrekt und nicht herablassend behandelt worden sei.

„In bester Erinnerung bleiben mir Peter Grosser, als er als Trainer der SpVgg Unterhaching das Pokalspiel bei der SpVgg Moosburg bestritten hat oder Sigi Held, der in der Saison 1993/1994 Dynamo Dresden trainierte. Held kampierte mit seiner Mannschaft im Dorint-Hotel Freising, und für ihn war es ganz selbstverständlich, einer Lokalsportjournalistin ein Interview zu geben. Auch der frühere Handball-Bundestrainer Heiner Brand und andere haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass Frauen als Sportreporter anders zu behandeln seien. Deshalb, liebe Kolleginnen: Habt Mut einzusteigen. Ihr könnt es!!!“

vms/mc

Dieser Artikel stammt aus der VMS INFO 2022 des Vereins Münchner Sportjournalisten. Das lesenswerte Magazin umfasst 104 Seiten. Es kann auf der VMS-Website als kostenlose PDF-Datei heruntergeladen werden.