„Schon mal gut, dass wir kein Personal abbauen müssen“

Interview mit SID-Geschäftsführer Sven Froberg – Teil II

25.01.2016 Der Sport-Informations-Dienst steht vor großen Herausforderungen. Der neue Geschäftsführer und Chefredakteur Sven Froberg erklärt, wieso Bewegtbild für den Erfolg (s)einer Nachrichtenagentur von entscheidender Bedeutung ist.
 
Im ersten Teil des Interviews ging es um die Herausforderungen, denen sich der SID in der immer stärker digitalisierten Medienwelt stellen muss. Dafür ist auch ein passendes Angebot an Bewegtbild wichtig.

Sven Froberg ist seit September Geschäftsführer und Chefredakteur des Sport-Informations-Dienst (SID). Der erfahrene Fernsehmann hatte von 2007 bis 2009 die Redaktion von Sport1 geleitet, anschließend bis 2012 die Sportredaktion von Sat.1. Zuletzt war der 43-Jährige als Senior Vice President Creation bei dem vor allem im Sportbereich tätigen Kölner Mediendienstleister _wige Media AG tätig.

sportjournalist: Herr Froberg, Sie betonen die große Bedeutung von Bewetgbild. Den „Mehrwert“, den der SID mit innovativen Formaten in diesem Segment schaffen will, kann das aktuelle Personal alleine vielleicht nicht stemmen. Gibt es Pläne, aufzustocken?

Froberg: Das Entscheidende ist, dass man eine Idee entwickelt und sich sicher ist, dass die sich verkaufen lässt. Dann setzen wir unsere vorhandenen Kräfte zielgerichtet ein; darüber hinaus, so schätze ich jedenfalls AFP ein, würde man das sicher unterstützen und personell untermauern. Aber es ist schon mal gut, dass wir kein Personal abbauen müssen. Der SID kann nach wie vor alle relevanten Sportereignisse, national und international, mit eigenen Kräften besetzen.

sj: Auch doppelt, also mit einem Redakteur fürs Agentur-Kerngeschäft und einem Kameramann?

Froberg: Größtenteils. Mir ist es schon wichtig, dass wir die Termine doppelt besetzen und die Fragen nicht mit der Kamera auf der Schulter gestellt werden müssen. Aber wir bewerten jedes Mal, ob das sinnvoll ist. Zum Beispiel haben wir die Handball-WM der Frauen mit einem Videoteam besetzt und waren damit das einzige Kamerateam vor Ort (Handball-Foto: firo/Augenklick). Das zeigt, dass sich der SID zu Sportarten bekennt, die gerade ein bisschen aus dem Fokus fallen.

sj: Bedeutet das, Sie suchen sich für die Berichterstattung mit Bewegtbildern bewusst Nischen?

Froberg: Ja, das ist ein Teil unseres Angebots, darin bestätigen uns die Kunden. Sie sagen, es sei wichtig, dass der SID Ereignisse, wie zum Beispiel den Davis-Cup in der Dominikanischen Republik, mit einem Kamerateam besetzt. Fernsehsender hatten niemanden dorthin hingeschickt.

sj: Versucht der SID so, sich unentbehrlich zu machen und das Manko auszugleichen, keine Vollagentur zu sein?

Froberg: Das halte ich für sehr wichtig. Die Rückmeldung der Kunden ist, dass sie es zu schätzen wissen, dass wir auch bei der Frauen-Handball-WM vor Ort sind und nicht nur, wenn der FC Bayern beim FC Barcelona spielt. Die große Nähe zu den Protagonisten, den Sportlern, Vereinen und Verbänden, ist weiterhin ein absolutes Merkmal des SID, und die müssen wir auch weiterhin sicherstellen, um die größere Sportkompetenz als reine Sportnachrichtenagentur zu zeigen.

sj: Nicht bei allen Vereinen haben die Kamerateams des SID uneingeschränkten Zugang, weil zum Beispiel der FC Bayern Inhalte im Internet selbst transportieren will (Boateng-Foto: GES-Sportfoto/Augenklick).

Froberg: Das müssen wir akzeptieren. Für uns ist es deshalb wichtig, kreativ zu sein und uns Exklusivität außerhalb des Territoriums des FC Bayern zu sichern. Das ist ein legitimer Weg, wie ich finde. Klar ist, dass sich die Türen bei anderen Vereinen leichter öffnen. Auch bei Verbänden tun wir uns leichter. Wir haben zum Beispiel eine Partnerschaft mit Borussia Mönchengladbach, da übernehmen wir zum Teil Inhalte von Fohlen-TV – vorausgesetzt, es handelt sich um journalistisch Relevantes.

sj: Der SID übernimmt auch kommerzielle Aufträge. Kommt es da nicht zwangsläufig zu Interessenskonflikten?

Froberg: Es gibt ja zwei verschiedene Geschäftsbereiche bei uns, die SID- Redaktion für das journalistische Geschäft und die SID Marketing, mit der wir Kommunikation für Unternehmen betreiben. Ich kann meine Hand dafür ins Feuer legen, dass wir immer eine absolut saubere Trennung vollziehen. Wir können es uns ja gar nicht erlauben, auch nur in die Nähe des Verdachts zu kommen, dass wir unsere kritische Berichterstattung einstellen. Wenn das ein Kunde der SID Marketing erwarten würde, würden wir diesen Auftrag ablehnen.

sj: Aber es ist ja auch ein finanzieller Aspekt. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten kann man einen großen Kunden vielleicht gar nicht ablehnen.

Froberg: Das stimmt. Aber es finden auch jedes Wochenende viele Interviews vor Sponsorenwänden statt. Der Journalismus ist nicht mehr frei von Kommerz. Es gibt auch bei uns Interviews, die im Auftrag eines Unternehmens gedreht werden. Aber dann wird klar darauf hingewiesen, dass es sich um ein werbliches Angebot handelt.

Mit Sven Froberg sprach Elisabeth Schlammerl