Einsteiger Daniel Höhr – „Bist du nicht der vom VDS?“

Serie „Einsteiger, Aussteiger, Umsteiger“

15.01.2017 Daniel Höhr ist einer der beiden VDS/Macromedia-Stipendiaten. Im Interview mit dem sportjounalist erklärt der Nachwuchsreporter, wie sein erstes Jahr lief.
 
Seit Oktober 2015 studiert Daniel Höhr an der Macromedia Hochschule in Hamburg Sportjournalismus. Wie auch Marc Lennart Wiese ist er VDS-Stipendiat und wird voraussichtlich im Frühjahr 2019 nach sieben Semestern seinen Bachelor-Abschluss haben. Geboren wurde Höhr am 17. August 1996 in Flörsheim am Main nahe Wiesbaden, er ist eines der jüngsten Mitglieder des VDS.

sportjournalist: Daniel Höhr, Sie sind seit einem guten Jahr VDS/Macromedia-Stipendiat (Foto: Macromedia). Wie ist es für Sie bislang gelaufen?

Daniel Höhr: Ich ziehe eine positive Bilanz. Das Stipendium hat mir Tür und Tor geöffnet. Ich konnte einfacher Kontakte knüpfen. So wurde ich regelmäßig bei Terminen gefragt: Bist du nicht der vom VDS? Ich werde einfach schneller wiedererkannt.

sj: Wenn Sie mit gleichaltrigen oder jüngeren Kollegen sprechen, was hören Sie dann über deren Berufswünsche?

Höhr: Es fällt schon auf, dass sehr viele Moderator oder Kommentator werden wollen. Das kann ich verstehen, manche sind aber gerade am Anfang ihrer journalistischen Laufbahn sehr blauäugig.

sj: Was meinen Sie damit konkret?

Höhr: Hinter diesen immer noch sehr beliebten Jobs steckt mehr, als nur ein Spiel zu analysieren oder locker etwas zu erzählen. Hintergründe gehören dazu und echtes Wissen. Das ist vielen nicht klar.

sj: Sie selbst hatten immer den vollen Durchblick?

Höhr: Nein, so habe ich das nicht gemeint.

sj: Wie denn?

Höhr: Ein großer Teil der Sportjournalisten möchte zu sehr Entertainer sein und zu wenig Journalist. Diesem Trend gilt es ein Stück weit entgegenzutreten, zum Beispiel indem dem eigentlichen journalistischen Handwerk wieder eine höhere Bedeutung beigemessen wird. Die Mischung macht's.

sj: Hört sich gut an, aber ist es in der Praxis so einfach?

Höhr: Ich habe auch durch praktische Erfahrungen eine Entwicklung genommen und mit der Zeit mehr Verständnis für unseren Berufsstand gewonnen. Ich berichte leidenschaftlich gern am Mikrofon live vom Sport (Foto: Aljoscha Grabowski/United Volleys). Ich versuche dabei immer kritisch zu sein, auch in der Vor- und Nachberichterstattung.

sj: Sie machen häufig Volleyball-Berichterstattung. Keine Lust auf die Sportart Nummer eins hierzulande?

Höhr: Doch, natürlich! Dennoch ist Sport für mich nicht nur Fußball. Es ist ein breiteres Programm nötig. Das ist mir eine Herzensangelegenheit. Ich liebe Fußball, aber die anderen Sportarten müssen häufiger vorkommen außerhalb von Olympia. Journalisten sollten kritischer gegenüber dem Fußball sein. Mehr beäugen, investigativ rangehen. Andere Sportarten sind kurz vor dem Ende, die lassen sich nicht mehr finanzieren.

sj: Fußball ist halt sehr beliebt, da sind die Umsätze dann automatisch höher.

Höhr: Beim Fußball sind die Summen extrem. Gehälter- und Ablösewahnsinn! Das steht in keinem Verhältnis mehr. Die Entwicklung ist kaum noch aufzuhalten, schon gar nicht von Journalisten. Bei manchen habe ich den Eindruck, dass die ihr Baby Fußball nicht verlieren wollen und deshalb so unkritisch sind.

sj: Haben Sie journalistische Vorbilder?

Höhr: Ich habe nicht das eine Vorbild. Beruflich versuche ich mir von vielen Leuten etwas abzuschauen und dabei meinen Stil zu finden und mir treu zu bleiben. Ansonsten meine Großväter. Die haben viel in ihrem Leben mitgemacht und legen dennoch eine grundpositive Einstellung an den Tag. Ich kann einiges aus den Gesprächen mit ihnen mitnehmen und ziehe daraus viel Kraft. Abgesehen davon hoffe ich sehr auf deren Gene, beide sind kerngesund mit Mitte 80 beziehungsweise 92 Jahren.

sj: Sie sind seit Mitte September für ein halbjähriges Auslandssemester in Madrid. Zufrieden bislang?

Höhr: Ja, sehr, eine tolle Stadt! Ich habe eine neue Kultur entdeckt, auch wenn die europäisch geprägt ist. Sprache lernen, alleine zurechtkommen – diese Erfahrungen helfen in weiteren Lebenssituationen, es ist für mich ein zusätzlicher Reifungsprozess. Ich wohne mit einem Spanier aus Madrid und einem mexikanischen Gaststudenten zusammen. Viele junge Spanier wollen raus aus ihrem Land, weil sie anderswo bessere Chancen für sich sehen.

sj: Wo sehen Sie Ihre Chancen?

Höhr: Ich will auch 2017 viel praktisch arbeiten und Erfahrungen sammeln. Zum Beispiel bei der Volleyball-Liveberichterstattung. Meine Schwerpunkte sind Radio und Fernsehen. Da will ich noch höheren Ansprüchen gerecht werden. Klar, da kommt weiter Druck, aber den brauche ich auch. Stillstand ist für mich Rückschritt.

Mit Daniel Höhr sprach Clemens Gerlach
 
Dieser Artikel stammt aus der Ausgabe Dezember 2016 des sportjournalist, die direkt beim Meyer & Meyer Verlag bestellt werden kann. Mitglieder des VDS können sich das Heft als PDF im Mitgliederbereich kostenlos herunterladen.