„Das Informationsfreiheitsgesetz sollte überarbeitet werden“

Buzzfeed-Chefredakteur Daniel Drepper

28.07.2018 Das Informationsfreiheitsgesetz gibt Journalisten viele Möglichkeiten. Dennoch müsse einiges verbessert werden, fordert Buzzfeed-Chefredakteur Daniel Drepper. Den Behörden werde es zu leicht gemacht, trotz IFG Auskünfte zu verweigern, so der Investigativspezialist.
 
Daniel Drepper ist seit April 2017 Chefredakteur von Buzzfeed Deutschland. Zuvor arbeitete der 32-Jährige beim Recherchezentrum Correctiv. Der Spezialist für investigativen Journalismus wurde für seine Arbeit mehrfach ausgezeichnet. Gemeinsam mit Niklas Schenck recherchierte Drepper vor den Olympischen Sommerspielen 2012 in London zu den Zielvereinbarungen zwischen Bundesinnenministerium (BMI) und Deutschem Olympischen Sportbund (DOSB). Die beiden bekamen trotz Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) nur „sehr zögernd“ Auskunft, so Drepper. Das IFG regelt den voraussetzungslosen Rechtsanspruch jedes Bürgers auf den Zugang zu amtlichen Informationen. Erst vor Gericht endete der Streit um die Kostenrechnung für die erteilten Auskünfte. Das BMI wollte ursprünglich rund 15.000 Euro haben, das Bundesverwaltungsgericht hielt letztinstanzlich 500 Euro für angemessen.
 
sportjournalist: Daniel Drepper, Sie haben vor mehr als drei Jahren als Quintessenz Ihrer BMI/DOSB-Recherche gefordert, dass das Informationsfreiheitsgesetz „noch gestärkt werden muss“. Was ist mittlerweile geschehen?

Daniel Drepper: In der Zwischenzeit ist so gut wie nichts passiert. Der Satz gilt leider nach wie vor (Foto Ex-DOSB-Präsident Thomas Bach: firo sportphoto/Augenklick).

sj: Verspricht das IFG aus Ihrer Sicht mehr, als es in der Praxis hält?

Drepper: Das IFG sollte definitiv überarbeitet werden, denn in seiner jetzigen Form gibt es viele Probleme: lange Wartezeiten, viele Ausnahmen und zum Teil vor allem für freie Journalisten recht hohe Kosten. Es sollte ein Transparenzgesetz geben, das Behörden dazu verpflichtet, Informationen grundsätzlich öffentlich und digital zur Verfügung zu stellen.

sj: Soll mit den Auskunftsgebühren versucht werden, kritische Journalisten bei Anfragen auszubremsen?

Drepper: Die Gebühren sind in Einzelfällen sicherlich ein Mittel, um abzuschrecken. Grundsätzlich wollte der Gesetzgeber damit vermutlich vor allem vor Missbrauch schützen. Ich halte die Gebühren für zu hoch.
 
sj: Mauern die Behörden, wo es geht?

Drepper: Das würde ich so nicht sagen. Aber natürlich gibt es in vielen Organisationen die Tendenz, zusätzliche Arbeit abzuwehren und Informationen für sich zu behalten. In Deutschland galt lange das Amtsgeheimnis. Die Umstellung hin zu transparenten Behörden fällt offenbar manchem noch schwer.

sj: Halten Sie das IFG für das geeignetste Rechercheinstrument?

Drepper: Es ist wichtig, als Journalist seine Rechte zu kennen und im Zweifel darauf zurückgreifen zu können. Oft ist aber das klassische Presserecht für Journalisten die bessere Wahl. Und auch bei diesem gilt: Je mehr ich über mein Recht auf Auskunft nach dem Presserecht weiß, desto mehr Informationen bekomme ich von Behörden.

sj: Können sich freie Journalisten oder Blogger langen Rechtsstreit mit den öffentlichen Stellen überhaupt leisten?

Drepper: Vor Gericht zu ziehen ist immer die letzte Option. Es gibt ja eine ganze Reihe von anderen Dingen, die man zuvor tun kann. Neben Gesprächen mit den Behörden kann ich auch die Landes- oder Bundesbeauftragten für Informationsfreiheit einschalten oder öffentlichen Druck aufbauen.

sj: Was tun, sofern das alles nichts bringt?

Drepper: Wenn ich klagen möchte, dann sollte ich einen guten, lohnenden Fall haben, für den ich im Zweifel auch Unterstützung generieren kann, zum Beispiel von Gewerkschaften, Auftraggebern oder der Öffentlichkeit.

sj: Hat sich der Aufwand bei Ihrer Klage gelohnt?
 
Drepper: Absolut. Wir haben einen Präzedenzfall für andere Journalisten geschaffen und auf Grundlage der Informationen eine ganze Reihe von Recherchen über die deutsche Sportförderung veröffentlichen können, die sonst niemals bekannt geworden wären.
 
Mit Daniel Drepper sprach Clemens Gerlach

Auf der sportjournalist-Website findet sich ein umfangreiches Stück zum Informationsfreiheitsgesetz (IFG) als Mehrteiler – hier geht es zu Teil I, hier zu Teil II und hier zu Teil III. Der sportjournalist als Printausgabe kann direkt beim Meyer & Meyer Verlag bestellt werden. Mitglieder des VDS erhalten alle Ausgaben per Post und können sich die Hefte zudem als PDF im Mitgliederbereich kostenlos herunterladen.