Umsteiger Gunnar Jans – „Content Marketing ist nie Journalismus“

Serie „Einsteiger, Aussteiger, Umsteiger“

05.08.2019 Er war lange ein Printmann, nun ist er im Online-Bereich zuhause. Auf sportjournalist.de erklärt Gunnar Jans, Content-Boss des offiziellen Münchner Stadtportals, was ihn an der Digitalisierung so reizt und wo er die Grenzen des Journalismus sieht.
 
Gunnar Jans kam 1995 vom Kölner Express nach München. Er leitete gut 13 Jahre lang das Sportressort der AZ. Zudem arbeitete der heute 51-Jährige für die Süddeutsche Zeitung, zuletzt verantwortete er das Digitalprodukt „Sport am Wochenende“. 2016 ging Jans zur Content-Marketing-Agentur The Digitale, die zur Deutschen Telekom gehört. Im September 2018 wurde er Head of Content beim offiziellen Portal der Stadt München.
 
sportjournalist: Herr Jans, Sie führen seit bald einem Jahr die städtische Website muenchen.de. Wie läuft es in Ihrem neuen Job?

Gunnar Jans: Es ist sehr spannend, eine bürgernahe und attraktive Website für München zu machen. Das Standort-Marketing mitzugestalten ist eine dankbare Aufgabe. Als offizielles Stadtportal, naturgemäß in Einklang mit der Stadtgesellschaft, der Politik und den Referaten im Rathaus, müssen Sie schon eine Menge Interessen im Blick haben.

sj: Was genau sind Ihre Aufgaben als Head of Content?
 
Jans: Das Portalteam und der Social-Media-Bereich haben bislang in unterschiedlichen Einheiten gearbeitet. Diese zu synchronisieren und in einer gemeinsamen 360-Grad-Redaktion zusammenzuführen, ist Teil eines umfassenden Change-Prozesses, den ich anleite. Wir optimieren die datengetriebene Content-Analyse mit dem Ziel, die Inhalte für Bürger und Gäste auf allen Kanälen noch besser performen zu lassen. Dazu kommen gemeinsame Digitalisierungsprojekte mit der Stadt.

sj: Sie waren ein klassischer Printmann, nun sind Sie im Digitalen zu Hause. Was reizt Sie so sehr daran?
 
Jans: Ich habe bei The Digitale sehr viel Neues gelernt, was digitale Inhalte angeht – über Messbarkeit von Content bis zur Vermarktung, dazu auch Projektmanagement und was es bedeutet, Agentur und damit Dienstleister zu sein und sich nach von Unternehmen definierten KPIs (Key Performance Indicator; die Red.) messen zu lassen. Das waren für mich neue Skills, mit denen man als klassischer Journalist ja weniger zu tun haben will.

sj: Wo sehen Sie den größten Unterschied zwischen den traditionellen und den neuen Medien?
 
Jans: Ich finde es wahnsinnig faszinierend, wie die Digitalisierung unseren Job grundlegend verändert. Nicht sich selbst, sondern tatsächlich den User in den Mittelpunkt zu stellen, unmittelbar Reaktionen über soziale Medien zu erfahren und dort auch mit den Usern zu interagieren. Ich sehe viel mehr Chancen als Risiken: alles messen zu können und in Echtzeit zu sehen, wie die Inhalte beim User wirklich ankommen. Nicht mehr nur mit Bauchgefühl, sondern mit Analytics zu arbeiten und täglich datengetrieben zu lernen, was wirklich ankommt und warum.

sj: Welche Verbindung haben Sie noch zum Sportjournalismus?

Jans: Ich war in diesem Bereich fast 25 Jahre lang tätig, das lässt einen niemals los. Die Verbindungen reißen nicht ab, im Gegenteil, sie sind durch meine neue Ausrichtung eher vielfältiger geworden. Ich gehe weiter gerne zum FC Bayern, wo ich Dauerkarten habe, und zum TSV 1860, bei dem wir mit muenchen.de offizieller Partner sind (1860-Foto: sampics Photographie/Augenklick). Im Verein Münchner Sportjournalisten bin ich nach wie vor Mitglied, allein schon, um die Entwicklungen bei den Kollegen weiter mitzubekommen.
 
sj: Welche Entwicklungen meinen Sie?

Jans: Die Kollegen stehen gerade hier in München vor der Herausforderung, dass die Vereine inzwischen selbst als Medium auftreten. Ein spannendes Thema, finde ich.

sj: Ist es nicht eher bedrohlich? Durch die Aktivitäten der Klubs werden Journalisten quasi überflüssig.

Jans: Natürlich ist das kein Journalismus, das ist Content Marketing nie. Aber da ich zuletzt auch Marken dabei unterstützt habe, zu Medien zu werden, sehe ich diese Entwicklung nicht so schwarz-weiß wie viele Kollegen. Die Transformation eröffnet unserem Beruf so viele neue Chancen, neue Medien haben so viele Facetten.
 
Mit Gunnar Jans sprach Martin Volkmar

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