Umsteiger Daniel Drepper – „Mehr Unabhängigkeit und Freiheit“

Serie „Einsteiger, Aussteiger, Umsteiger“

25.03.2020 Er fing mit berichtendem Sportjournalismus an, interessierte sich aber schon bald mehr für Investigatives. Als Chefredakteur von BuzzFeed Deutschland versucht Daniel Drepper Unterhaltung und Tiefgang unter einen Hut zu bekommen. Auf sportjournalist.de erklärt er seinen Ansatz und verrät, welchem Fußballverein er immer noch die Treue hält.
 
Daniel Drepper studierte in Dortmund und New York Journalistik und Sport. Er war zunächst als freier Journalist tätig und wurde für seine investigativen Beiträge im Sport mehrfach ausgezeichnet. Drepper, Jahrgang 1986, ist Mitbegründer des gemeinnützigen Recherchezentrums Correctiv und seit 2017 Chefredakteur von BuzzFeed Deutschland. Er lebt in Berlin.

sportjournalist: Herr Drepper, seit Sie 2013 für Ihre Recherchen zur Intransparenz der deutschen Sportförderung mit dem Wächterpreis ausgezeichnet wurden, haben Sie kaum noch über Sport berichtet. Verdirbt zu viel Hintergrundwissen den Spaß am Sport?

Daniel Drepper: Es ist ja nicht so, dass ich mir keinen Sport mehr anschauen könnte, weil ich zu Dopingthemen recherchiert habe. Ich gehe trotzdem zu Union und sehe mir gerne an, wie Leute 5000 Meter laufen, die richtig laufen können, obwohl ich weiß, dass da vermutlich nicht alle sauber sind. Sport hat mich im Vergleich mit anderen
Themen aber zunehmend weniger interessiert.

sj: War das zu Beginn Ihrer Laufbahn anders?

Drepper: Ja. Ich habe als Jugendlicher selbst viel Sport gemacht. Ich habe in einem kleinen Dorf im Münsterland Handball gespielt und über Jahre über die unteren Ligen berichtet und damit gutes Taschengeld verdient. Schon im Studium hat mich politischer Sportjournalismus aber mehr interessiert.

sj: War es schwer, solche Themen als Neuling bei Medien zu platzieren?

Drepper: Ich hatte eher das Gefühl, dass es im Sport für mich sehr viel einfacher war, auch auf nationaler Ebene etwas zu veröffentlichen, als wenn ich versucht hätte, irgendwo in der Politik-Berichterstattung Fuß zu fassen. Obwohl ich Radio zum Beispiel nicht konnte, habe ich es durch diese Nische geschafft, im Deutschlandfunk relativ schnell Stücke zu veröffentlichen. Das hätte ich niemals gekonnt, wenn ich versucht hätte, ein Feature über den Klimawandel zu pitchen.

sj: Woran lag es, dass das gerade im Sport leichter war?

Drepper: Es gab einfach nicht so viele andere, die sich kritisch mit Sport auseinandergesetzt haben. Deshalb war es eine Möglichkeit, Leuten aufzufallen, die Lust hatten, mich zu fördern. Ich war damals auf einer Konferenz, auf der man ganz schnell Zugang zu den wenigen Kollegen bekam, die sich damit beschäftigten und froh waren, dass neue dazukamen.

sj: Welchen Stellenwert hat berichtender Sportjournalismus aus Ihrer Sicht überhaupt?

Drepper: Persönlich habe ich mich relativ schnell davon entfernt. Ich konsumiere ihn auch weniger. Bei der Tagesschau schalte ich ab, wenn der Sport losgeht. Aber beide Arten der Berichterstattung haben ihre Berechtigung. Es muss Berichterstattung über das geben, was passiert, weil sich Menschen sonst nicht informieren können und keine Diskussionsgrundlage haben. Aber wenn man vergleicht, wie viele Ressourcen in die klassische Berichterstattung investiert werden und wie viele in die investigative oder zumindest recherchierende, besteht ein starkes Missverhältnis (Foto: firo sportphoto/Augenklick).

sj: Führte das zur Gründung von Correctiv?

Drepper: Ja. Wir haben Organisationen vermisst, die sich nur auf die reine Recherche, auf das tiefe Graben konzentrieren können, ohne vorher festlegen zu müssen, in welcher Form und wo das am Ende publiziert wird. Wir wollten mehr Unabhängigkeit und Freiheit für die Recherche an sich.

sj: Das Recherche-Ressort bei BuzzFeed gibt es hingegen erst, seit Sie dort sind.

Drepper: Es war auch der Hauptgrund dafür, dass ich angefragt wurde und mich dafür entschieden habe. Meine Motivation war nicht, ein Büro zu leiten oder Chef zu sein. Buzzfeed vereint mehrere Bereiche: Nicht jeder, der die Buzzfeed-Listen witzig findet, konsumiert auch regelmäßig unsere Recherchen – und umgekehrt. Mit meiner Aufgabe dort verbinde ich die Hoffnung, dass auch Leute, die sich bisher nicht dafür interessiert haben, bei unseren Recherche-Themen landen.

Mit Daniel Drepper sprach Katrin Freiburghaus

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