„Live im Radio zu kommentieren ist brutal schwer“

ARD-Ski-Experte Felix Neureuther im Interview – Teil I

25.10.2019 Früher Skirennfahrer, heute ARD-Experte. Auf sportjournalist.de spricht Felix Neureuther im ersten Teil des Interviews über seine neue Rolle, Tücken der Live-Berichterstattung und Erwartungen an sich selbst.
 
Felix Neureuther hat die Seiten gewechselt. Der ehemalige Skirennläufer, der im März dieses Jahres aufgehört hat, arbeitet jetzt in der Sportredaktion des Bayerischen Rundfunks. Während seiner aktiven Laufbahn gewann der 35-Jährige 13 Weltcuprennen.

sportjournalist: Herr Neureuther, Sie sind gerade im Sportjournalismus angekommen. Künftig werden Sie bei den Skirennen in der ARD als Experte auftreten. Zuletzt haben Sie sogar in der Bundesliga-Radiokonferenz kommentiert.

Felix Neureuther: Die Konferenz war aber nur ein erstes Hineinschnuppern. Es war aber auch eine richtig gute Erfahrung. Ich komme jetzt ja nicht aus dem Sport in einen neuen Beruf und sage, dass ich alles sofort kann. Ich muss jetzt wieder lernen, lernen, lernen, lernen. Das ist wiederum ganz ähnlich wie beim Skifahren, da musst du auch erst mal deine Erfahrungen machen.

sj: Sind Sie zufrieden mit Ihren ersten Schnupperkursen?

Neureuther: Live im Radio zu kommentieren ist wirklich brutal schwer. Die, die das gut machen, sind für mich die wahren Könige der Moderation. Dass du einem Hörer über Einblendungen von 45 Sekunden oder auch mal drei Minuten erklärst, was da unten auf dem Fußballplatz eigentlich los ist, ohne dich zu wiederholen, und das einen ganzen Nachmittag lang – das ist echt wahnsinnig anspruchsvoll. Und mein erster Einsatz als Ski-Experte ist ja erst Ende Oktober, da bin ich schon sehr gespannt drauf.

sj: Viele Athleten nehmen sich nach ihrem Karriereende ja erst mal eine Auszeit von dem Umfeld, in dem sie so lange verankert waren. Für Sie war das nicht erstrebenswert?

Neureuther: Ich fand es schon wichtig, dass ich gleich wieder eine Aufgabe habe. In den Tag rein zu leben, ist ab und zu mal ganz schön, aber auf Dauer brauchst du eine gewisse Routine. Und im Skisport kenne ich mich nun mal am besten aus.

sj: Sie haben sich in den vergangenen 15 Jahren immer als Alpinsportler auf den Winter vorbereitet. Wie sieht Ihr neuer Trainingsplan aus?

Neureuther: Wir werden schon noch das eine oder andere proben, aber ich bin nicht der Freund davon, ständig große Schulungen zu machen. Sonst wirst du schnell auf eine Schiene gesetzt, und ich will da ja meine eigene Note reinbringen. So habe ich das als Skirennfahrer auch immer gehalten, wenn es etwa hieß: Probiere doch mal dies oder jenes, mit einem Sportpsychologen oder so. Ich habe lieber meine eigenen Erfahrungen gemacht, daraus gelernt und beim nächsten Mal versucht, es besser zu machen. Das will ich im Fernsehen genauso halten. So was lebt ja auch immer von der Spontaneität.

sj: Dass Sie das können, haben Sie ja schon bewiesen. Vor vier Jahren haben Sie sich im österreichischen Fernsehen nach einem Rennen selbst interviewt, weil der Moderator nicht auftauchte. Man konnte das auch als kleine Medienkritik verstehen, wenn man hörte, wie Sie eine Floskel an die nächste gereiht haben in den Fragen und Antworten …

Neureuther: … absolut. Aber ich muss mittlerweile ganz klar sagen, es ist gar nicht so einfach. Ich habe neulich schon mal ein Interview mit Josef Ferstl (deutscher Skirennfahrer, die Red.) gemacht und habe mich sofort dabei ertappt, dass ich auch in diesen Fragentrott gekommen bin. Vielleicht bin ich da auch schon zu sehr geprägt von den vielen TV-Übertragungen und Fragen, die mir gestellt wurden. Aber wenn du dich abheben willst, musst du dir schon richtig Gedanken machen.

Mit Felix Neureuther sprach Johannes Knuth. Der Autor ist unter anderem Ski-alpin-Reporter der Süddeutschen Zeitung. Lesen Sie im zweiten Teil des dreiteiligen Interviews, auf welche Weise Neureuther als ARD-Ski-Experte eine eigene Duftmarke setzen will.

Dieses Interview stammt aus der Ausgabe Oktober/November 2019 des sportjournalist. Hier geht es zur Bestellung des Einzelheftes beim Meyer & Meyer Verlag. Mitglieder des Verbandes Deutscher Sportjournalisten erhalten den alle zwei Monate erscheinenden sportjournalist automatisch per Post und können sich das Heft zudem im Mitgliederbereich kostenlos als PDF herunterladen. Dies gilt auch für ältere Ausgaben.