„Eine gute Distanz ist für unseren Beruf sehr wichtig“

Nachwuchspreisträger Markus Sutera im Interview – Teil II

08.11.2020

Im zweiten und letzten Teil des sportjournalist-Interviews aus der Serie „Einsteiger, Aussteiger, Umsteiger“ spricht Nachwuchspreisträger Markus Sutera über seine Tätigkeit als Fußball-Schiedsrichter. Beleidigt wurde er schon, zum Glück gab es bislang aber keine körperlichen Attacken.

 

Der Sieger des Nachwuchspreises von Deutschem Olympischem Sportbund und Verband Deutscher Sportjournalisten ist Markus Sutera. Der Sportpublizist, Absolvent der Universität Tübingen, gewann die 2019er-Auflage mit seinem Porträt eines transsexuellen Jugendfußballers („Ausgewechselt“). Sutera, Jahrgang 1995, wurde in Schwäbisch Gmünd groß. Derzeit lebt und arbeitet der redaktionelle Mitarbeiter des Spiegel in Hamburg. Er ist seit 2010 Fußballschiedsrichter und leitet bei den Herren Spiele bis zur Landesliga. Im ersten Teil des zweiteiligen Interviews ging es um die vielen Herausforderungen, denen sich transsexuelle Sportler*innen auch weiterhin stellen müssen.

sportjournalist: Herr Sutera, Sie haben auch schon zu Themen wie „Diskriminierungen von Schiedsrichtern“ oder „Fußball und Rechtsradikalismus“ gearbeitet. Soll das weiterhin Ihr Schwerpunkt sein?

Markus Sutera: Ich möchte mich auch in Zukunft mit gesellschaftlichen und sportpolitischen Themen abseits der 1:0-Berichterstattung auseinandersetzen. Durch die Coronavirus-Pandemie wird gerade sehr viel aufgewirbelt. Doch gut recherchierte Geschichten werden immer gefragt sein. Und auch wenn Maschinen die Ergebnisberichterstattung ersetzen werden, braucht es Journalistinnen und Journalisten, die erklären und einordnen (Foto Markus Sutera, rechts, im Gespräch mit dem früheren Boxweltmeister Henry Maske: privat).

sj: Viele Sportjournalistinnen und Sportjournalisten bekennen sich auch öffentlich zu bestimmten Vereinen oder Aktiven. Wie halten Sie es damit?

Sutera: Ich finde, dass eine gute Distanz für unseren Beruf sehr wichtig ist. Ein besonderes Faible für einzelne Spielerinnen und Spieler oder Vereine habe ich schon, Fan einer bestimmten Mannschaft bin ich aber nicht. Die unparteiische Sicht kam auch durch meine Schiedsrichter-Tätigkeit.

sj: Sehen Sie für sich Parallelen zwischen Schreiben und Pfeifen?

Sutera: Vielleicht, dass ich einen Sinn für Gerechtigkeit habe. Das könnte eine Überschneidung sein. Ich habe gelernt, mich auf verschiedenste Menschen und Situationen einzustellen. Für mich ist das ein Prozess, mit 15 war ich auch unsicher auf dem Platz. Inzwischen kann ich selbst in extremen Stresssituationen Ruhe reinbringen und die Lage überblicken. Das wiederum hilft mir für die journalistische Arbeit.

sj: Hatten Sie schon Ärger auf dem Platz?

Sutera: Ich wurde mal beleidigt, mir ist aber bislang niemand zu nahe gekommen. Der Großteil geht gut mit einem um. Die unterklassigen Spieler leisten sich oft blöde Fouls. In der Landesliga, in der ich hauptsächlich pfeife, ist das Spiel schneller sowie technisch und taktisch anspruchsvoller. Die Aktiven der oberen Ligen sind zudem ausgefuchster. Die wissen, was sie sich wann erlauben können. Ich habe auch festgestellt, dass Stadtfußball rauer und direkter ist.

sj: Was hatte Sie eigentlich dazu bewogen, Schiedsrichter zu werden? Der Job ist ja alles andere als einfach.

Sutera: Als 14-Jähriger war ich eine Art Co-Trainer in einer E-Jugend-Mannschaft. Deren Trainer hat mich gefragt, ob ich die nicht mal pfeifen möchte. Nach ein, zwei Jahren habe ich gemerkt, dass ich die Rolle des Schiedsrichters kann und dass ich dort vermutlich auch mehr erreichen werde als als aktiver Fußballer.

sj: Wie häufig sind Sie als Schiedsrichter tätig?

Sutera: Am Wochenende, an dem ich nicht arbeite, stehe ich, wenn Spielbetrieb ist, auf dem Platz. Insgesamt habe ich rund 400 Begegnungen geleitet, mittlerweile pro Saison weniger als früher. Meine Arbeit als Journalist steht für mich an erster Stelle.

Mit Markus Sutera sprach Clemens Gerlach (er gehört der Jury des Nachwuchspreises an)

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