„Die Musik ist ein Geschenk“

Umsteiger Reinhold Beckmann

17.09.2021 In der Sportberichterstattung hat sich Reinhold Beckmann rar gemacht – zugunsten einer musikalischen Bühnenkarriere. sportjournalist.de erklärt das Mitglied des Verbandes Westdeutscher Sportjournalisten, was ihm am Dasein als Singer-Songwriter so reizt.
 
Beckmann, Jahrgang 1956, tourt als Singer-Songwriter mit und ohne Band. Parallel ist er als TV-Journalist und Produzent tätig. Er ist darüber hinaus Vorstand des NestWerk e.V., der in Hamburg soziale und integrative Arbeit für benachteiligte Jugendliche und Kinder leistet („Spielräume öffnen – Chancen ermöglichen – Perspektiven schaffen“). Beckmann gehört dem Verband Westdeutscher Sportjournalisten an.

sportjournalist: Herr Beckmann, was haben Sie während der Corona-Shutdowns mehr vermisst, Live-Sport oder Konzerte zu geben?

Reinhold Beckmann: Natürlich die Konzerte. Wieder auftreten zu können ist nach der langen Zeit wie eine warme Dusche. Ansonsten habe ich viel geübt und geprobt. Kann ja nicht schaden (lacht).

sj: Sie spielen seit ihrer Jugendzeit Gitarre, wie kam es zum relativ späten Schritt auf die Bühne?

Beckmann: Ich habe sogar mal mit dem Gedanken gespielt, Musik zu studieren, aber dann ist mir das Fernsehen 30 Jahre lang dazwischengekommen. Die erste Sendung von „Inas Nacht“ war 2007 eine Art Erweckungserlebnis. Da kamen nach der Sendung zwei Musiker aus ihrer Band und fragten mich, ob wir nicht mal was gemeinsam versuchen wollten. Daraus sind dann erste eigene Songs entstanden (Foto: GES-Sportfoto/augenklick).

sj: Wie beginnt man eine professionelle Musikkarriere, wenn man auf einem anderen Gebiet Prominenten-Status hat?

Beckmann: Das hat Vorteile, aber auch gehörige Nachteile. Ich würde selbst auch kritisch hingucken, wenn da ein Fernsehkerl kommt und auf einmal sagt, er sei Musiker. Man muss sich die Anerkennung durchs Livespielen erarbeiten. Beim ersten Mal kommen Zuschauer noch aus Neugierde, beim zweiten Mal nur dann, wenn sie überzeugt sind.

sj: Was unterscheidet Songwriting handwerklich vom Fernsehjournalismus?

Beckmann: Das sind zwei ganz unterschiedliche Dinge. Beim Fernsehen machst du alles nur einmal und bereitest dich dann auf die nächste Sendung vor, die wieder ganz anders sein wird. Für die Bühne schreibst du ein Programm, das sich im Laufe der Tournee – auch durch Reaktionen aus dem Publikum – immer weiterentwickelt. Man kann viel mehr wagen und ausprobieren und gewinnt von Konzert zu Konzert immer mehr Sicherheit. Songtexte zu schreiben ist zudem eine andere Nummer, als einen journalistischen Text für eine Sendung zu formulieren. Man kämpft als Songtexter um jede Zeile, vor allem aber müssen die Worte einen guten Sound haben. Es kann inhaltlich noch so gut sein, wenn es nicht klingt, wird es kein guter Song.

sj: Als Journalist und Moderator waren Sie inhaltlich festgelegt. Ist Songs zu schreiben auch eine Art thematische Befreiung?

Beckmann: Im Journalismus ist der Blick immer auf das Leben anderer oder auf Sachthemen gerichtet. Ich musste erst mal rauskriegen, wie schön es ist, dass ich beim Musikmachen meine eigenen Geschichten erzählen kann. Man macht sich dadurch natürlich ein bisschen mehr nackig. Auch gerade deshalb gibt es nichts Schöneres, als Musik zu machen (Beckmann-Foto: firo sportphoto/augenklick).

sj: Das klingt nicht nach Rentner-Dasein.

Beckmann: Nein, gar nicht, das ist ein richtig professionelles Projekt. Wir spielen 50, 60 Konzerte im Jahr. Das ist gut so. Rente war aber sowieso nicht angesagt, Golf spielen auch nicht. Ich habe ja noch meine TV-Produktionsfirma, in der wir uns nach wie vor leidenschaftlich bemühen, gutes Fernsehen zu machen. Die Musik ist ein zusätzliches Geschenk, für das ich mir jetzt Zeit nehme.

sj: Wann darf man mit einem Song über Fußball rechnen?

Beckmann: Zur nächsten Fußball-WM? Das wird aber dann nicht kuschelig, sondern politisch. Eine WM in Katar? Ich kann mich noch immer nicht mit diesem Gedanken anfreunden. Vielleicht wird’s erst mal ein Song zum Wiederaufstieg meiner Werderaner. Im Moment braucht Werder aber keinen Song, sondern gute Spieler.

Mit Reinhold Beckmann sprach Katrin Freiburghaus.