„Handwerkliche Entfaltung klappt besser als im Journalismus“

Umsteiger Christopher Köster

27.06.2022 Im Vorschulalter schaute Christopher Köster keine Trickfilme, sondern Sport. Vor knapp vier Jahren kehrte der ehemalige SID-Volontär dem Sportjournalismus den Rücken und ist über ADAC und Autobahn GmbH beim Filterhersteller Hengst gelandet. Im sportjournalist-Interview der Reihe „Einsteiger, Aussteiger, Umsteiger“ erklärt Köster, warum er sich für den Wechsel entschieden hat.
 
Christopher Köster, 33, studierte Sportwissenschaften an der TU München und Sportmedien/-management in Salzburg. Zudem volontierte er beim Sport-Informations-Dienst. Er war danach als (leitender) Redakteur beim ADAC Nordrhein (August 2018 bis März 2021) und der Kommunikationsabteilung der Autobahn GmbH des Bundes in der Niederlassung Westfalen in Hamm (April 2021 bis Januar 2022). Seit Februar dieses Jahres ist er Marketing & Communication Manager beim international tätigen Filterhersteller Hengst Filtration in Münster. Das Unternehmen mit rund 3000 Mitarbeitenden produziert als Zulieferer auch für die Automobilindustrie.

sportjournalist: Herr Köster, wie sind Sie als Sportjournalist beruflich mit der Autobranche in Kontakt gekommen?

Christopher Köster: Über den ADAC. Ich war für mein Volo nach Köln gezogen und hätte danach direkt wieder umziehen müssen, um übernommen zu werden – das war keine Option für mich. Ich habe in einer Lokalredaktion angefangen, konnte dort aber nur sehr eingeschränkt und „print only“ arbeiten. Daher der Wechsel zum ADAC. Das war weder Sport noch unabhängige Berichterstattung, aber das Aufgabenfeld klang spannend – und war es auch. Durch den Umzug ins Münsterland bin ich bei der Autobahn gelandet und nun bei Hengst Filtration.

sj: Worin unterscheidet sich Unternehmenskommunikation von Ihrer bisherigen Arbeit?

Köster: Ich kann mich austoben. Ich fühle mich in der Umsetzung mehr wie ein vollwertiger Journalist als in den mancherorts festgefahrenen Strukturen des Journalismus. Die handwerkliche Entfaltung klappt in meinem Fall – ich muss es leider so sagen – bei einem Unternehmen besser als im Journalismus (Screenshot: Hengst Filtration).

sj: Es gibt eine ganze Reihe von Kolleg*innen, die die Seiten gewechselt haben.

Köster: Viele, mit denen ich gemeinsam im Sportjournalismus angefangen habe, sind inzwischen in Unternehmen beschäftigt, die – genau wie Sportvereine – Owned Media für sich entdeckt haben. Diese wünschen sich dafür oft explizit Journalisten, weil die das Handwerk beherrschen und gut mit anderen Journalisten umgehen können.

sj: Was die Unternehmen davon haben, leuchtet ein. Aber was machte den Wechsel für Sie attraktiv?

Köster: Ein Punkt ist sicher crossmediales Arbeiten. Ich bereite Inhalte auf mehrere Arten für mehrere Kanäle auf. Das reizt mich sehr. Unternehmen werben eher um jüngere Zielgruppen. Ich denke, dadurch steigt die Bereitschaft für Experimente und moderne Kommunikation.

sj: Worin unterscheidet sich Ihre Aufgabe am stärksten vom sportjournalistischen Arbeiten?

Köster: In freien Wochenenden! (lacht) Natürlich thematisch. Im Sport ist alles Spaß. Selbst wenn man Verlierer interviewt, geht es trotzdem um einen Unterhaltungsbetrieb (Foto: GES-Sportfoto/Marvin Ibo Güngör/augenklick).

sj: Würden Sie rückblickend einen anderen Ausbildungsweg einschlagen?

Köster: Nein. Für mich war das seit Kindertagen der logische Weg, weil ich fußball- und sportverrückt bin. Ich habe jeden Einsatz im Sportjournalismus geliebt, die persönlichen Erfahrungen sind unbezahlbar. Und ich habe das Handwerkszeug gelernt, von dem ich heute lebe. Ich habe nie gedacht, dass der Wechsel schon mit 29 kommt, aber mir war klar, dass ich im Sportjournalismus nicht in Rente gehe.

sj: Fehlt Ihnen Ihr altes Ressort?

Köster: Es geht. Ich würde gerne noch mal ein Sommertrainingslager eines Drittligisten begleiten – mit allem Drum und Dran. Denn es war ja keine Entscheidung gegen den Sport, sondern gegen die Rahmenbedingungen. Ich habe aber sogar etwas zurückbekommen, das ein bisschen verloren gegangen war: meine Begeisterung. Je näher ich als Journalist am Geschehen war, desto weniger Fan war ich. Jetzt hole ich mir dieses Fan-Sein gerade zurück. Es freut mich, wenn ich mich dabei erwische, wie ich wieder jubele bei dem Spiel, das ich als kleines Kind schon geliebt habe.

Mit Christopher Köster sprach Katrin Freiburghaus