„Interesse für den reinen Amateurfußball wecken“

Interview mit „Zeitspiel“-Macher Hardy Grüne

08.12.2015 Ein Printmagazin nur für den unterklassigen Fußball – kann das gutgehen? „Zeitspiel“-Gründer Hardy Grüne erklärt, warum er gute Chancen für das ambitionierte Projekt sieht.
 
Der renommierte Buchautor Hardy Grüne, 52, hat zusammen mit Frank Willig, 41, „Zeitspiel“ neu auf den Markt gebracht. Das „Magazin für Fußball-Zeitgeschichte“ erscheint viermal im Jahr, ist bisher nur per Post zu bestellen und befasst sich mit dem Fußball unterhalb der Kommerzebene (Foto: Zeitspiel).

sportjournalist: Hardy Grüne, braucht die Szene ein neues Fußballmagazin?

Hardy Grüne: Ja, denn der Bereich, zwischen dem Kommerzfußball der Ersten und Zweiten Bundesliga mit der Dritten Liga als Übergang und dem reinen Amateurfußball der unteren Klassen, fiel bisher in den Medien ziemlich komplett durch. Es gibt aber durchaus ein spürbares Interesse daran. Da wollen wir den Fokus draufsetzen, das Interesse dafür zu wecken.

sj: Es ist aber schon mutig, in Zeiten der Printkrise ein weiteres Sportmagazin auf den Markt zu bringen.

Grüne: Natürlich hatten wir vor der Herausforderung Respekt. Aber wir beide wirtschaften extrem solide und bringen durchaus Erfahrung mit. Wir wissen, was publizistisch läuft und kennen die Anzeigensituation. Das erste Heft hat uns die Angst ein bisschen genommen. Wir haben 2500 Hefte gedruckt, und mehr als die Hälfte war im August bereits verkauft. Davon sind 80 bis 85 Prozent Abos.

sj: Das alleine reicht schon, um optimistisch zu sein?

Grüne: Wir setzen von vornherein auf Abos. Denn es ist sehr schwierig, in Bahnhofsbuchhandlungen hineinzukommen. Es geht nur mit einer relativ hohen Auflage. Aber solange du nicht richtig bekannt bist, musst du damit rechnen, dass du von der Auflage 80 Prozent zurückbekommst. Das heißt also, man würde erst einmal viel Geld in den Sand setzen. Das mit den Abos hat fürs erste Heft sehr gut geklappt. Wir wollen ja kein riesengroßes Ding werden. Denn ab einer bestimmten Größe haben wir Probleme mit unserem Slogan „Frei von Abhängigkeiten“. Aber es ist natürlich auch kein Hobbyprojekt.

sj: Wie lange können Sie durchhalten?

Grüne: Egal, was passiert, wir machen auf jeden Fall vier Hefte und schauen dann, wo wir stehen. Und nach dem ersten Heft sind wir ziemlich zuversichtlich, dass es gut aussehen wird.

sj: Sie hätten die Kosten weiter reduzieren können, wäre es ein Onlinemagazin.

Grüne: Es war eine ganz klare Entscheidung pro Print, weil es unserer Zielgruppe entspricht. Unsere Leser wollen gerne ein Printprodukt in den Händen halten und vielleicht auch sammeln, das wissen wir. Aber wir haben online noch auf der Task-List und wollen es irgendwann angehen.

sj: Wie kamen Sie überhaupt auf die Idee für „Zeitspiel“?

Grüne: Wir kennen uns seit ewigen Zeiten über den Fußball. Frank hat viele Jahre „nord vier gemacht, das ist ein Magazin für den Amateurfußball im Norden. Da haben wir schon immer gedacht, das müssten wir eigentlich bundesweit machen, weil es alleine für den Norden verschenkt ist. Irgendwann saßen wir dann bei einem Bier zusammen, haben auf dem Bierdeckel ein Konzept entworfen und uns gesagt: So, das machen wir jetzt einfach.

sj: Herausgekommen ist auf den ersten Blick eher ein Magazin für Fußballpuristen.

Grüne: Mag sein, aber wir wollen nicht einseitig berichten, sondern schon die Zusammenhänge aufzeigen. Zum Beispiel haben wir in unserer Titelgeschichte über den Turbokapitalismus klar herausgearbeitet, dass die wirtschaftlichen Probleme nicht erst seit fünf Jahren da sind, sondern es sie schon in den 1950er- und 1960er-Jahren gab. Man soll als Leser schon ein gewisses Interesse mitbringen und über den Tellerrand hinausblicken. Und es gibt in der nachrückenden Fangeneration zunehmend Leute, die auch ein bisschen etwas über Hintergründe wissen wollen. Ich denke da auch an die „Schickeria München (Zusammenschluss verschiedener Fangruppierungen des FC Bayern, Anmerkung der Red.), die die Geschichte des jüdischen Bayern-Präsidenten Kurt Landauer aufgearbeitet hat.

sj: Der Name Ihres Magazins spielt mit der Zeit. Trügt das Gefühl, dass Sie sich aber mehr mit der Vergangenheit als mit der Gegenwart und vor allem der Zukunft beschäftigen?

Grüne: Natürlich haben wir Themen, bei denen die Zukunft nicht wirklich eine Rolle spielt. Aber die Zukunft ist schon ein ganz wichtiger Anlass. Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dass der Fußball unterhalb der Kommerzebene stärker wird und überleben kann.

Mit Hardy Grüne sprach Elisabeth Schlammerl

Eine längere Fassung des Interviews mit Hardy Grüne findet sich in der September-Ausgabe des „sportjournalist“. Heft- und Abobestellung sind direkt beim Meyer & Meyer Verlag möglich. VDS-Mitglieder können sich das Heft als pdf im Mitgliederbereich (LINK) kostenlos herunterladen.