Immer diese Eier

Kolumne „Einwurf“

11.01.2016 Wenn die Metapher gegen die Latte kracht, dann hilft nichts mehr. Fußball-Deutsch ist eine unglaublich schwierige Sprache – vor allem für Außenstehende.
Autor: Wolfgang Uhrig
Plötzlich dieser Satz: „Der Tannenbaum bei den Kroaten steht tief.“ Es ist kurz vor den Feiertagen, Frau U. kommt aus der Küche und schaut neugierig zum Fernseher. Doch da ist kein Bild zu Weihnachten – es läuft Champions League aus Zagreb, mit Bayern München.

Im Fußball sind Metaphern ganz groß in Mode. Da ist dann auch immer wieder von sprechenden Körpern die Rede, von der „Körpersprache der Spieler“. Diese soll aussagen, was man sonst erläutern müsste, etwa durch einen „hängenden Kopf“, den „schleichenden Gang in die Kabine“ oder umgekehrt die „breite Brust“ und das „erhobene Haupt“.

Das Bild von der „Körpersprache“ ist im Fußball so deutlich zu verstehen wie „Spiel-Macher“, „Bananen-Flanke“, „Gurken-Pass“ oder „Blut-Grätsche“. Schnell begreift man auch „auf Augen-Höhe“ oder alles „in trockenen Tüchern“. Bei manchem schwieriger werden kann es, wenn der FC Bayern die Liga „rockt“ oder Spieler „mehr Eier“ brauchen.

Diese „Eier“ sind für die Hausfrau U. allerdings kein Ernährungstipp. So wie der „Diagonalpass“ kein Grenzverkehr ist, „Pressing“ nichts zu tun hat mit Medien, „Manndecker“ oder „Doppel-Sechs“ mit Sexismus. Und wenn es heißt, dass „Lewandowski blank steht“, trägt er bei seiner Arbeit noch immer anständig Hemd und Hose.

Oliver Kahn, der Fußball-Professor des ZDF

Ach, die „Eier“. Ins Gespräch gebracht hat sie Oliver Kahn als Fußball-Professor im ZDF. Dort referierte er einmal über den FC Bayern und dessen „koordinative Einstellung“. Kahns Sprache ist damit ganz weit weg von den Kollegen mit der „hängenden Spitze“, dem „Knipser am hinteren Pfosten“, mit Systemen wie „flache Vier“ oder „Raute“.

Tja, dieses Fußball-Deutsch. Damit hat kein Problem, wer immer den kicker liest. Und so lange ich Frau U. dazu nicht bringe, bleibt mir nur Kopfschütteln – als Körpersprache.