„Einen gerechten Verteilungsschlüssel wird es nicht geben“

Linktipp – Fernsehgelder.de

23.05.2016 Demnächt wird bekannt gegeben, wie viele Millarden Euro die Deutsche Fußball Liga (DFL) für die TV-Rechte ab der Saison 2017/2018 erlöst. Gunnar Heckmann wird dies mit besonderem Interesse verfolgen. Der 50-Jährige betreibt die Website Fernsehgelder.de.
 
Die Fußball-Bundesliga ist der Deutschen liebstes Kind. Kein Wunder, dass diese Fernsehrechte sehr begehrt sind. Für die vier Spielzeiten 2013/2014 bis 2016/2017 erlöste die Deutsche Fußball Liga (DFL) rund 2,5 Milliarden Euro. Bei der nächsten Ausschreibung, deren Ergebnisse bis spätestens Anfang Juni bekannt gegeben werden, soll noch mehr herausspringen. Vorbild ist die englische Premier League. Deren Klubs erhalten für die drei Spielzeiten 2016/2017 bis 2018/2019 rund 6,9 Milliarden Euro.

Einer, der sich mit dem deutschen Markt sehr gut auskennt und intensiv beschäftigt, ist Gunnar Heckmann. Der 50-Jährige betreibt die Website Fernsehgelder.de. Heckmann errechnet die jeweiligen Anteile der Klubs an den Gesamteinnahmen und stellt diese tabellarisch dar. Hauptberuflich ist der Analyst bei einem Kreditinstitut tätig. „Zahlen begleiten mich also auch im Arbeitsalltag.“ Heckmanns Lieblingsklub ist „seit der Kindheit“ der Karlsruher SC. „Ich habe an glorreichen Tagen mitgefeiert und in den Jahren des Misserfolges mitgelitten – ein Verein wie eine Achterbahn.“

sportjournalist: Herr Heckmann, wie lange betreiben Sie Ihre Seite schon?

Heckmann: Die Website Fernsehgelder.de ging zu Beginn der Saison 2010/2011 online. Damals war die Ermittlung der Vereinsrankings noch weitaus komplizierter als heute. So wurden nicht nur die Endplatzierungen aus vergangenen Spielzeiten berücksichtigt, sondern auch die durchschnittlichen Tabellenpositionen in der laufenden Saison. Alleine die Ermittlung dieser Durchschnittsplatzierungen war eine Wissenschaft für sich und für Außenstehende kaum nachvollziehbar.

sj: Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, diese Seite zu machen?

Heckmann: Es fing sicherlich mit einer erfolglosen Google-Anfrage zum Thema TV-Gelder an. Nach weiterer Internetrecherche kam wohl bald die Ernüchterung hinzu, dass man zu diesem Thema keine umfassenden Informationen finden konnte. Nachdem ich genügend einzelne Fakten und Meinungen zusammengetragen hatte, war dann schon bald der Gedanke da, den vielen Fußball-Anhängern, die auch an den Finanzen ihres Vereines interessiert sind, eine Hilfestellung anzubieten.

sj: Wer hilft Ihnen bei Ihrer Unternehmung?

Heckmann: Von offizieller Seite erhalte ich leider keine Unterstützung. Der Ligaverband lehnt die Beantwortung meiner Fragen ab und verweist stattdessen auf seine Pressemitteilungen. Somit bleibt mir leider nur übrig, aus diesen DFL-Veröffentlichungen und anderen zuverlässigen Publikationen relevante Fakten zusammenzutragen. Dies erschwert mir die Arbeit natürlich sehr, entmutigt mich aber nicht.

sj: Wie sieht für Sie der gerechte Verteilungsschlüssel aus?

Heckmann: Den wird es nicht geben. Eine Zentralvermarktung wird immer auch solidarische Aspekte berücksichtigen müssen. Solidarität kann man leider nicht in Zahlen ausdrücken. Der Verteilerschlüssel wird somit immer umstritten bleiben. Grundsätzlich könnte ich mir ein Modell vorstellen, in dem die DFL einen Teil der TV-Einnahmen zweckgebunden an die Vereine ausbezahlt.

sj: Was versprechen Sie sich von dieser Regelung?

Heckmann: Mit diesen Geldern könnten bestimmte förderungswürdige Maßnahmen in den Vereinen unterstützt werden. Denkbar wären zum Beispiel die Förderung der Fankultur oder auch infrastrukturelle Maßnahmen. Sicherlich gäbe es bei solch einem Eingriff in die Souveränität der Vereine massiven Widerstand – ein interessanter Gedanke wäre es trotzdem.

sj: Wie sehen Sie die Entwicklung der TV-Gelder in anderen Ländern, insbesondere England (Rooney-Foto: firo/Augenklick)?

Heckmann: Die globalen Entwicklungen im Sponsoring und der TV-Vermarktung sind schon bemerkenswert. Es fließt immer mehr Geld in ein eigentlich geschlossenes System. Gehälter, Provisionen an Spielervermittler und Ablösesummen nehmen daher unglaubliche Ausmaße an. Eine gesunde Entwicklung sieht anders aus. Ich sehe das ziemlich kritisch und befürchte, dass die Fußballkultur darunter unwiederbringlich leiden wird.

sj: Bekommen Sie Anfragen von Klubs oder Journalisten, weil Sie ein Experte auf dem Gebiet der TV-Gelder sind?

Heckmann: Meines Erachtens sollte ein Experte im Kontakt mit handelnden Personen stehen und damit auch über alle nennenswerten Hintergrundinformationen verfügen. Dies ist bei mir nicht der Fall. Insoweit würde ich mich auch nicht als Experte bezeichnen. Ich bin eher ein Erklärer. Selbstverständlich kam schon der eine oder andere Journalist auf mich zu. Gelegentlich wurde meine Tabelle schon in Zeitschriften und Zeitungen abgedruckt. Es ist natürlich ein schönes Gefühl, wenn man mit seiner Website wahrgenommen wird.
 
Mit Gunnar Heckmann mailte Clemens Gerlach