Keine Offenbarung, sondern Blödsinn

Kolumne „Hardt und herzlich“

29.07.2017 Von der Klatschpresse ist man nichts Besseres gewohnt als sehr viel Spekulation und Sensationsgier. Doch das Sportbusiness hat sich mittlerweile anscheinend einiges in puncto Gerüchteberichterstattung abgeschaut. Leider.
Autor: Andreas Hardt
Mein Lieblingswort des Sommers ist: offenbar. Gefühlt jeden Tag in den vergangenen zwei Monaten war etwas „offenbar“ auf dem Fußballspielermarkt. Insbesondere dann, wenn eben gar nichts offenbar war. Sondern nur auf Vermutungen, Gerüchten und Berater-Interessen beruhte.
 
XY offenbar an AB interessiert, CD liebäugelt offenbar mit Wechsel zu EF, GH jagt offenbar IJ – diverse Sauen wurden offenbar durch jedes Dorf getrieben. Es war oft genug offenbar Blödsinn, entspricht aber offenbar unserem menschlichen Bedürfnis nach Klatsch und Tratsch und Neugierde. Der Fußballfan unterscheidet sich da offenbar überhaupt nicht vor der Oma beim Friseurbesuch.
 
Die Berichterstattung über offenbar bevorstehende Spielerwechsel wirkt immer mehr wie die Dichtungen der Gelben Presse, die aus den Adelshäusern dieser Welt ihre Unterhaltungsmärchen zusammenzimmert. Fußball ist eben Entertainment. Nicht nur bei durchinszenierten Meisterfeiern und Halbzeitshows, sondern eben auch bei der Berichterstattung drumherum.
 
Die wunderbare BBC hat seit Jahren im Internet eine Seite „Gossip“ (Klatsch) eingerichtet. Das trifft es genau. Dort werden die heißesten Transfergerüchte des Tages aus unterschiedlichen Medien zusammengestellt – und in der Aufzählung offenbart sich der ganze absurde Unsinn dieser offenbar lukrativen Gerüchtejagd.
 
Die Nachfrage ist offenbar da, und der Kunde ist König. Und wer ins Blaue schießt, dem gelingt auch mal ein Volltreffer, der dann selbstbeweihräuchernd abgefeiert wird („Wie wir exklusiv berichteten“).
 
Ich aber lege mir nun ein neues Lieblingswort zu, mit dem immer öfter mitgeteilt wird, dass ein Gerücht endlich zu einer Nachricht geworden ist und das „Offenbar“-Geschreibsel also überflüssig: „fix“.

Dieser Artikel stammt aus der Ausgabe August/September 2017 des sportjournalist, die direkt beim Meyer & Meyer Verlag bestellt werden kann. Mitglieder des VDS können sich das Heft als PDF im Mitgliederbereich kostenlos herunterladen.