Fehlzündungen und Eigennutz

Linktipp „Pyeongchang2018“

07.02.2018 Bei Olympia sollen die sportlichen Wettkämpfe im Mittelpunkt stehen. Nun ja, ein frommer Wunsch. Die Veranstaltung in Pyeongchang wird vermutlich auch kommerziell ein Riesenspektakel werden.
Autor: Clemens Gerlach
Na, sind Sie schon aufgeregt? Bald beginnen die XXIII. Olympischen Winterspiele. Wo werden die noch mal vom 9. bis 25. Februar ausge­tragen? In Korea, diesem geteilten Land in Ostasien. Nord oder Süd? Das mögen jetzt spitzfindige Zeit­genossen fragen, zumal schon Py­eongchang (S) und Pjöngjang (N) kaum auseinanderzuhalten sind. Selbstverständlich nur in puncto hiesiger Aussprache und europäi­scher Schreibweise.

Doch so wich­tig Genauig­- und Richtigkeit auch sind, gerade in unserem, immer stärker unter Beobachtung und in Misskredit geratenen Metier, ist die Frage nach dem Gastgeberland in diesem Fall vollkommen über­flüssig. Schließlich ist alles zu offensichtlich: Denn selbst schärfste Kritiker des Internationalen Olym­pischen Komitees kämen niemals auf die Idee, ernsthaft in Erwägung zu ziehen, diese illustre, vorgeb­lich rein sportliche Veranstaltung würde, ob sommers oder winters, nach Nordkorea vergeben werden. Warum also danach fragen?

Ist das überflüssig, weil im Reich des raketenliebenden Kim­was­weiß­ich willkürliches Verhaften, Verschleppen, Verurteilen und Ver­scharren an der Tages-­ und Nacht­ordnung ist? Nee! Das ist im Reich der Mitte, der in euphemistischen Sprachnebel gehüllten China­-Diktatur, ebenfalls noch sehr häu­fig der Fall. Die haben es jedoch schon zweimal zum Olympia­-Aus­richter gebracht (Sommerspiele 2008 und Winterspiele 2022, je­weils in Peking).

Der Korea betref­fende Nord­-Süd­-Disput ist deshalb überflüssig, weil das IOC wie auch andere Sportgroßorganisationen unumstößliche Prinzipien hat, die inzwischen geläufig sein sollten. Diese beziehen sich nicht auf die in Nordkorea und China gar nicht beziehungsweise nur äußerst rudimentär beachteten Menschen­rechte: Zu diesen haben die olym­pischen Funktionärsgranden (laut Volksmund „Herren der Ringe“) eine sehr flexible, fast schon vola­tile Haltung.

Aus pragmatischen und vermutlich sehr eigennützigen Gründen verge­ben Thomas Bach und dessen Ge­folgsleute Olympische Spiele auch mal an Despotien, jedoch nur an solche mit einer sehr hohen Wirt­schaftskraft und einem exzellenten Vermarktungspotenzial.

Doch das ist bei aller Liebe, dieser Frucht der internationalen Solidarität, Nord­korea nicht. Nicht einmal ansatzweise. Ökonomisch gesehen ist das ein impotenter Zwerg mit häufigen Fehlzündungen. Daher also, wenn Korea, logo, nur der Süden. Repub­lik Korea heißt es im Übrigen ganz genau, was wir ja sein wollen. Mögen die Spiele beginnen!

Dieser Artikel stammt aus der Ausgabe Februar/März 2018 des sportjournalist, die direkt beim Meyer & Meyer Verlag bestellt werden kann. Mitglieder des VDS können sich das Heft als PDF im Mitgliederbereich kostenlos herunterladen.