Kernige „Kampagne“ im Norden

Kolumne „Hardt und herzlich“

19.11.2018 Der Hamburger SV muss unbedingt zurück in die erste Liga. Dafür wechselt der Klub auch den Cheftrainer, selbst wenn es dafür keine sportlichen Gründe gibt. Gibt es andere? sportjournalist.de-Kolumnist Andreas Hardt hat sich auf Spurensuche begeben.
 
Dies ist eine Geschichte aus der Provinz. Denn das ist Hamburg sportlich nun einmal ohne einen einzigen Erstligisten in einer der fünf bedeutendsten Mannschaftssportarten.
 
Die Geschichte geht so: Fußball-Zweitligist HSV startet mit Trainer Titz in die Saison. Die Bild-Zeitung ist wenig begeistert, Präsident und Jetzt-wieder-Vorstandschef Bernd Hoffmann auch nicht. HSV-Millionenelf punktet, aber wenig überzeugend.
 
HSV-Erfolge kommentiert Bild unter anderem: „Gegner verhilft zum Sieg“. Stürmer Lasogga hat keinen Stammplatz. Niederlage und Unentschieden folgen. „Titz-System entschlüsselt“ schreibt Bild. Der Druck nimmt zu. Lasogga hat weiter keinen Stammplatz. Bild kritisiert den Trainer.
 
Abendblatt und Morgenpost kommentieren eine „Kampagne“ ihrer Kollegen. Titz wird mit zwei Punkten Rückstand auf Platz eins freigestellt. Wolf kommt. Lasogga erhält eine Stammplatzgarantie. Erster Sieg in Magdeburg – so, wie der HSV auch mit Titz dreimal auswärts gewonnen hatte. Schlagzeile: „Ja, der Hannes, kann es“. Sieg im Pokalspiel in Wiesbaden, zwei Tore Lasogga (Lasogga-Foto: firo sportphoto/Augenklick).
 
Das passte ja gut. Unmittelbar danach erscheint die „Daily Soap“ über die Familie Lasogga. Jetzt war der Spieler wieder angesagt. Und der Lasogga-Skeptiker Titz weg.

„Die Lasoggas – eine fast normale Fußball-Familie“

Ein Jahr lang durften Reporter den Stürmer, dessen Freundin, Mutter Kerstin, zwei Brüder und eine Schwester begleiten: „Die Lasoggas – eine fast normale Fußball-Familie“. Das alles in vier Teilen per Videostream zu betrachten bei – Bild+.
 
„Jaaasogga“ lasen die Hamburger auf der Titelseite der Bild nach dem Sieg gegen Köln am 5. November und dem Sprung auf Platz eins der Zweitligatabelle. Wie gesagt: Nur eine Posse aus der Provinz. Oder?

Andreas Hardt arbeitet nach über 20 Jahren als Redakteur bei SID und dapd nun als freier Journalist in Hamburg, unter anderem auch für das Hamburger Abendblatt.