Entwarnung für Fotografen in puncto DSGVO

„SJ Legal Affairs“

07.02.2019 Die Einführung der EU-Datenschutzgrundverordnung Ende Mai sorgte bei vielen Fotografen für große Besorgnis. Sie fürchteten starke Restriktionen in ihrer Arbeit. Inzwischen hat sich die Lage entspannt.
Autor: Clemens Gerlach
An Weltuntergangsszenarien herrscht kein Mangel. Mal sind es blutrünstige Außerirdische, die unseren Planeten vernichten werden, mal hiesige Untote. Dann wiederum droht die finale Bestrafung durch eine apokalyptisch veranlagte Oberinstanz. Im Mai dieses Jahres kam trotz des bereits üppigen Angebots eine neue Variante hinzu. „Das Ende ist nah“, wurde allenthalben orakelt. Vor dem Dämon DSGVO gebe es kein Entrinnen.

Keine Schnappschüsse mehr, keine Aufnahmen schöner Urlaubsziele. Fotografie ist bald Vergangenheit. Der ganze Paragraphen-Hokuspokus und die Androhung hoher Bußgelder sei in erster Linie ein Konjunkturprogramm für Abmahnanwälte, hieß es. Wie wir jetzt wissen, war es mit der EU-Datenschutzgrundverordnung dann doch nicht so schlimm. Viele Hinweise entpuppten sich im Nachhinein als das, was Kenner der Materie ohnehin schon immer gesagt hatten: Panikmache.
 
Die seit dem 25. Mai auch in Deutschland vollumfänglich geltende DSGVO soll Verbrauchern mehr Rechte verschaffen. Unternehmen müssen zum Beispiel detailliert Angaben dazu machen, auf welche Art sie die Daten der Nutzer verarbeiten. Doch Fotodateien enthalten zahlreiche Informationen, die einer abgebildeten Person zugeordnet werden können und so personenbezogene Daten im Sinne des Gesetzes darstellen. Eine vor allem für Berufsfotografen herausfordernde Situation.
 
Der Hamburger Medienrechtler Dirk Feldmann (Foto: Unverzagt von Have) hatte in der Debatte trotz Rechtsunsicherheit stets Besonnenheit gefordert. „Hoffentlich vertreten Gerichte bei anstehenden Verfahren generell die Auffassung, dass Datenschutz und Informations-sowie Meinungsäußerungsfreiheit nach wie vor gegeneinander abgewogen werden müssen und kein absoluter Vorrang des Datenschutzes besteht“, sagte der auch für den Verband Deutscher Sportjournalisten (VDS) tätige Rechtsanwalt der Kanzlei Unverzagt von Have im sportjournalist 3/18.
 
Feldmanns Hoffnungen haben sich bislang erfüllt. So entschied etwa das Oberlandesgericht Köln im Frühsommer, dass trotz DSGVO das Kunsturhebergesetz (KUG) noch immer Gültigkeit habe (Az. 15 W 27/18 vom 18. Juni 2018). Im KUG ist beispielsweise die Veröffentlichung bildlicher Darstellungen natürlicher Personen geregelt, also auch die von Fotos. Eine Umfrage des sportjournalist unter im VDS organisierten Fotografen hat zudem ergeben, dass die DSGVO bislang zu keiner spürbaren Einschränkung der Arbeitsmöglichkeiten geführt hat.

Also ein gutes Ende? Leider nicht. Denn gerade von Anbietern wie Facebook, Instagram oder Twitter werden die Bestimmungen der DSGVO nicht vollständig umgesetzt. Die Verbraucherzentrale NRW hat im September die Untersuchung „Soziale Medien und die EU-Datenschutzgrundverordnung“ veröffentlicht und erhebliche Mängel festgestellt. Das Ergebnis der Marktanalyse: „Auch nach dem 25. Mai 2018 bleiben auf Basis der Datenschutzerklärungen wesentliche Aspekte der Datenverarbeitung intransparent für den Nutzer.“

Die Unsicherheit wegen der Bestimmungen der DSGVO ist also weiterhin groß. Zuweilen sorgt dies für absurde Vorgänge. So prüfen Wohnungsunternehmen, ob Klingelschilder mit Namen der Mieter gegen geltendes Recht verstoßen und deshalb wegmüssen. Die Kosten würden in die Millionen gehen.

Das Gros der bundesdeutschen Datenschützer sieht für das Anbringen anonymisierter Schilder keine Notwendigkeit. „Wir halten die DSGVO hier nicht für anwendbar, da es sich um keine automatisierte Datenerfassung handelt“, lautet der Tenor.
 
Wiener Wohnen traut dem Datenbraten hingegen nicht. Die mit 220.000 Wohnungen größte kommunale Hausverwaltung Europas tauscht inzwischen sukzessive Klingelschilder aus. Wie viele Mieter hatten sich wohl beschwert? Ein einziger Fall ist bekannt.

Dieser Artikel stammt aus der Ausgabe Dezember 2018/Januar 2019 des sportjournalist. Hier geht es zur Bestellung des Einzelheftes beim Meyer & Meyer Verlag. Mitglieder des VDS erhalten den alle zwei Monate erscheinenden sportjournalist automatisch per Post und können sich das Heft zudem im Mitgliederbereich kostenlos als PDF herunterladen. Dies gilt auch für ältere Ausgaben.

Für die Beantwortung von Rechtsfragen steht Ihnen im Übrigen Dirk Feldmann zur Verfügung. Er ist seit 1983 als Anwalt tätig und Gründungspartner der Medienrechtskanzlei Unverzagt von Have in Hamburg. Jede VDS-Mitglied kann kostenlos Rat zu sämtlichen Fragen einholen, die im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stehen. Bitte geben Sie bei Ihren Anfragen jeweils kurz an, bei welchem Regionalverein Sie Mitglied sind. Hier finden Sie die Kontaktdaten.