Eine Sprache, die alle Geschlechter berücksichtigt

Linktipp „Geschickt gendern“

04.10.2020 Die Sprache verändert sich. Das ist gut so. Geschlechtergerechtigkeit als Ziel verunsichert viele. Die Website „Geschickt gendern – Das Genderwörterbuch“ zeigt, wie es gehen kann, und macht Vorschläge, aber keine Vorschriften.
Autor: Clemens Gerlach
Lieber Leser. Nee, das ist unhöflich. Noch mal von vorne. Liebe Leserin und lieber Leser. Besser, aber ganz schön lang. Wie wäre es mit LeserIn? Sieht komisch aus und könnte mit einem dieser flotten Firmennamen verwechselt werden, bei denen Klein- und Großschreibung kreuz und quer gehen, weil sie Corporate Identity und Markenführung dienen sollen. Gefällt Ihnen Leser_in besser? Wirkt moderner, ist aber gerade wegen seiner Technologie-Affinität doch nicht so super, dass es dauerhaft Verwendung finden sollte.
 
Was also tun, wenn bei der Anrede alle Geschlechter berücksichtigt werden sollen? Früher in der Schule gab es für herausragende Leistungen Noten wie „1 plus mit Sternchen“. Diese Bewertungen entstammten eher dem Willen des Lehrkörpers, als dass es sie offiziell existiert hätten. Doch wer seine besondere Wertschätzung für das Geleistete ausdrücken wollte, der wählte die Sternchen-Variante.
 
Und vielleicht ist dies auch der Grund, warum in der geschlechtergerechten Sprache ebendiese Lösung derzeit die ist, auf die sich die meisten einigen können. Also, liebe*r Leser*in, Sie müssen jetzt sehr tapfer sein, diese Schreibweise oder eine ihrer Ableitungen wird nicht mehr verschwinden. „Gekommen, um zu bleiben“, wie einst die Popband „Wir sind Helden“ dichtete.
 
Da kann der Verein Deutsche Sprache, wie auf sportjournalist.de beschrieben, noch so viel zetern und das Gendern als „Unfug“ titulieren, es wird nichts bringen. Das Zeitalter der Binarität geht zu Ende, stattdessen Diversität allerorten. Deshalb ist auch Beharrung keine gewinnbringende Option. Gehen Sie, liebe*r Leser*in, in sich und dann in die Akzeptanz.
 
Zu Übungszwecken und um den Übergang vom Alt- ins Neu- und Jetztsprachliche etwas fluffiger werden zu lassen, bietet sich der Besuch der nicht-kommerziellen Website „Geschickt gendern – Das Genderwörterbuch“ an. Ja, die Beispiele, etwa „Person mit Aktienbesitz“ statt „Aktionär“, sind gewöhnungsbedürftig.

Besorgnisgeschwängerter Aufruhr wegen der Rechtschreibreform legte sich
 
Doch können Sie sich noch daran erinnern, dass auch „googlen“ oder „verlinken“ einmal nicht zum Standardwortschatz hierzulande gehörten? Und nun? Genau, ging doch auch, ohne dass deswegen der viel beschworene Untergang des Abendlandes eintrat.
 
Oder die Rechtschreibreform, dieses Ungetüm von Diktat und Bevormundung, wie es damals hieß. Es legte sich der besorgnisgeschwängerte Aufruhr. Sprache ist die Sprache der Menschen. Alle sollen dazugehören. Teilhabe. Inklusion. Veränderung passiert einfach. Das nennt man auch Leben. Bleiben Sie uns gewogen, liebe*r Leser*in.

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