Der Wirtschaftsbetrieb Profifußball will weiter produzieren

Kolumne „Hardt und herzlich“

14.05.2020 Die Fußball-Bundesligen haben am Wochenende wieder begonnen. Was wird der Re-Start bringen? sportjournalist-Kolumnist Andreas Hardt ist auch gespannt und empfiehlt zwecks Orientierung die historische Netflix-Miniserie „The English Game“ über den Kick auf der Insel.
 
Vor zwei Monaten habe ich im sportjournalist der DFL für die Idee von Geisterspielen Fan-Ferne nachgesagt. Inzwischen haben wir gelernt, dass ohne die TV-Millionen aus dieser Absurdität einer Sportveranstaltung offenbar ein ganzes System zusammenbricht – von dem auch viele von uns existentiell abhängig sind. Also weiter, immer weiter. Der Wirtschaftsbetrieb Profifußball will weiter produzieren. Das ist sein gutes Recht.

„Es ist, als würden wir aus einer Leidensgesellschaft zu einer Freudengesellschaft zurückkehren“, fabulierte ein prominenter Boulevard-Kolumnist, als die Fortsetzung der Bundesligen unter Ausschluss der Öffentlichkeit genehmigt war: „Der Papa sitzt nicht mehr auf dem Sofa und motzt seine Frau an.“ Bundesliga statt Paartherapie. Na dann: Danke, Fußball (Kolumnen-Logo: VDS/Andreas Mann).

Es war auch viel von „Umdenken“ die Rede. Dass es jetzt vorbei sei mit dem Millionen-Geprasse, mit dem Ablösewahnsinn, dass man wieder in der „normalen“ Welt ankomme, ankommen müsse. „Schaun ’mer mal“, würde der „Kaiser“ sagen. Und der „Kaiser“ hat immer recht.

Auf Netflix läuft gerade die englische Miniserie „The English Game“. Ein wunderbarer Kostümschinken. Es geht darum, wie sich die Arbeiterklasse in den 70er- und 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts das aristokratische Spiel Football aneignet. Eine große Rolle dabei spielt Fergus Suter, ein Schotte, der sich für viel Geld von Darwen nach Blackburn hat abwerben lassen.

Die Empörung war groß, „Verrat, Judas“. Suter entgegnet: „Was soll ich tun? Ich muss an meine Familie denken.“ Er gilt als erster Profispieler. „Der Fußball wird sich komplett ändern“, sagte danach einer aus der alten Garde der Upper Class. Möglicherweise ist es nun wieder so weit.

Andreas Hardt arbeitet nach über 20 Jahren als Redakteur bei SID und dapd nun als freier Journalist in Hamburg, unter anderem für das Abendblatt. Diese Kolumne stammt aus dem sportjournalist. Hier geht es zur Bestellung des Jahresabonnements beim Meyer & Meyer Verlag. Mitglieder des VDS erhalten den alle zwei Monate erscheinenden sportjournalist automatisch per Post und können sich das Heft zudem im Mitgliederbereich kostenlos als PDF herunterladen. Dies gilt auch für ältere Ausgaben.