Preisgekrönte Diskussionsfreudigkeit

Linktipp „Frauen reden über Fußball“

17.03.2021 Fußball ist etwas für Männer. Finden viele (meist Männer). Die Macherinnen von „Frauen reden über Fußball“ sind gänzlich anderer Ansicht. Ihr ausgezeichnetes Angebot wurde jüngst zwei Jahre alt.
Autor: Clemens Gerlach
Im deutschen Fernsehen sind Fußball-Talks reichlich vertreten. Es wird geplaudert, als gäbe es kein Morgen mehr. Logo, immer mit ganz viel „Klartext“ und massig „steilen Thesen“, die rausgehauen werden wie Bälle aus dem Strafraum. Voll druff, wird schon irgendwie gutgehen. Da der Anteil ehemaliger Profikicker sehr hoch ist, das Phrasenschwein nicht überall sein kann und zudem keine abschreckende Wirkung (mehr?) entfaltet, werden in diesen Formaten auch Freunde von Ackerbau und Viehzucht bestens bedient.

Ungezählte Male fordern die ollen Kameraden noch aktive Spieler auf, „Gras zu fressen“, damit es bessere Ergebnisse gibt. Gerne genommen auch der Hinweis auf das Hinterteil, das mindestens so weit aufgerissen werden soll wie es die Klappe der angeblich einst so tüchtigen und nimmermüden Akteure eh schon ist. Ein Wunder, dass bei solch Schindereien diese Fußballer ihre Karriere so lange betreiben konnten. Respekt!

Doch so beliebt diese TV-Talks bei vielen Zuschauer*innen (noch?) sein mögen, sie wirken aus der Zeit gefallen, sind eher ein Symbol des Vergangenen als dass sie in die Zukunft weisen. Vor allem deshalb haben sich neben diesen sehr maskulin geprägten Diskursen solche entwickelt, bei denen es mehr um Gleichberechtigung, Gemeinsamkeit und Wertschätzung geht. In Blogs und Podcasts wird intensiv debattiert, sehr häufig von jungen Menschen und überproportional vielen weiblichen Geschlechts. Thematisch geht es ebenfalls in die Tiefe, soziale Dimension und Funktion des Sports in einer sich immer stärker fragmentierenden Gesellschaft werden betont.

Ein sehr geschätztes Angebot in diesem Konstruktivkontext ist „FRÜF – Frauen reden über Fußball“. Seit gut zwei Jahren sind die Podcast-Macherinnen dabei, 2020 wurden Sie beim Wettbewerb „Die Goldenen Blogger“ zum besten Sportangebot gekürt. „Wir sind Fans, Journalistinnen, Spielerinnen – und manche von uns sogar alles davon. Wir sind diskussionsfreudig, aber solidarisch“, schreibt das FRÜF-Team. Sie nehmen sich Themen wie „Sexualisierte Gewalt im Fußball“, „(Weibliche) Fußballsozialisation“ oder „Fußball als Heimat“ an. Wer dies für Nischengedöns hält, sollte einmal reinhören. Es ist nie zu spät, neue Erkenntnisse zu gewinnen.

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