Herzlichen Dank, lieber Horst Hrubesch!

Kolumne „Hardt und herzlich“

11.06.2021 Lediglich drei Zweitliga-Spiele amtierte Horst Hrubesch als Interimstrainer des Hamburger SV. Doch das einstige „Kopfball-Ungeheuer“ machte Eindruck, und zwar einen sehr positiven, urteilt sportjournalist-Kolumnist Andreas Hardt. Ihm war sogar ein wenig nostalgisch zumute.
 
Es ist noch nicht lange her, da machte Robert Klauß ernst. Als ihm einer unserer Kollegen nach einem Spiel vorwarf, man habe keinen Matchplan erkennen können, haute der Trainer des 1. FC Nürnberg einen raus: „Ballferner Zehner, Pressinglinie eins, asymmetrischer Linksverteidiger.“ Fragen? Keine. Ein Meisterwerk der durchtheoretisierten Fußball-Wissenschaft.

Kurze Zeit später aber das: Trainingsanzug, das Polohemd durchgeschwitzt, die Haare verwuschelt. Die „Jungs“ in den Arm nehmen. Wer an den letzten drei Spieltagen der vergangenen Zweitliga-Saison zur HSV-Trainerbank schaute, fühlte sich wie in einer anderen Welt. Horst Hrubesch gab auf seiner Interimsmission äußerlich einen Retro-Trainer, wie er stereotyper nicht sein konnte. Es war großartig (Kolumnen-Logo: VDS/Andreas Mann).

Die 11FREUNDE machten sich die Mühe, nach Hrubeschs erstem Spiel seine Appelle an die Mannschaft zu dokumentieren. „Hey, Simon, reinlaufen“ oder „Bleibt mittig“. Seine Interviews waren ein Stakkato von ewig gültigen Fußballfloskeln, wie man sie in dieser Dichte lange nicht gehört hatte. Auch das war großartig. Einfach ist eben nicht simpel.

Der Kurzauftritt des alten „Kopfball-Ungeheuers“ erinnerte an vergessen geglaubte Zeiten. Nostalgische Gedanken kamen hoch an damals, als das gesprochene Wort noch galt – und nicht die redigierte Version des Pressesprechers. Als man den Trainer in der Kabine anrufen konnte. „Und? – Und nu?“ Als Abseits nach Augenschein entschieden wurde und nicht nach elektronischem Vermessen von Millimeterbruchteilen. Es war großartig.

Natürlich sind diese Zeiten vorbei. Das ist auch richtig so. Aber manchmal, wenn die Trainer-Akademie-Primusse dozieren und die TV-Experten mit Fachsprech versuchen, ihre Theorien zu vermitteln, schleicht sich eben doch ein wenig Sehnsucht nach dem vermeintlich einfachen Spiel ein, für das auch Hrubesch stand. „Manni Banane, ich Kopf, Tor.“ Und das war wirklich großartig.

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