Sport als Metapher für Macht und Meinung

Kolumne „Ansichtssache“

13.09.2021 Viele Politiker*innen nutzen derzeit verstärkt Worte aus dem Sport. Das kann zuweilen ziemlich albern wirken. sportjournalist.de-Kolumnist Wolfgang Uhrig jedenfalls schwant bis zur Bundestagswahl am 26. September so einiges.
 
„Keiner weiß, wie es ausgeht“, sagt Armin Laschet, „wir spielen auf Sieg und nicht auf Platz.“ Der Politiker und die Worte aus dem Sport. Nie werden sie häufiger gebraucht als im aktuellen Wahlkampf. Da ist Laschet jetzt der „Spielführer“, der zeigen müsse, „wie Tore geschossen werden“. Olaf Scholz, „Konkurrent im Kampf ums Kanzleramt“, sagt: „Unsere Gegner legen durch Fehler den Ball auf den Elfmeterpunkt – und wir machen ihn rein.“ In der Zeitung steht: „Der Ball liegt im Feld von Rot-Grün, die Schwarzen sind 0:1 zurück.“  

In diesen Wochen nutzen Volksvertreter die oft geschmähte Volkstümlichkeit aus der Sprache des Sports, um besser beim Wähler anzukommen. Schon das Politiker-Urgestein Franz Müntefering redete gern in Fußballbildern. „Ich versuche den Ball so zu flanken, dass der Mittelstürmer ihn reinhauen kann“, umschrieb Müntefering seinen eigenen Politikstil (Logo: VMS).

Man erinnert sich auch an Edmund Stoiber, der einmal davon sprach, dass er „Nationaltrainer werden und diesen unfähigen Gerhard Schröder ablösen wolle, unter dem Deutschland gegen den Abstieg spiele – anstatt in der Champions League wie Bayern München und der Freistaat Bayern sowieso“.

„Einige gute Pferde in meinem Stall“

Eine Generation nach Stoiber sitzt Markus Söder als Ministerpräsident „fest im Sattel“, Christian Lindner muss „in einem Marathonlauf viele Hürden nehmen“, Laschet spricht von „einigen guten Pferde in meinem Stall“, Horst Seehofer „spielt Innenverteidiger“, Alexander Gauland „Rechtsaußen“ und Annalena Baerbock „ist angeschlagen. Da muss jetzt ein Lucky Punch her.“

Ein Mann im Fernsehen fordert, „in einer neuen Regierung muss der erste Sturm aufs Eis, da gehören die Besten nach Berlin.“ Stehsatz aus dem Sport als Metapher für Macht und Meinung. Bis zur Bundestagswahl am 26. September werden wohl nur wenige Politiker „den Ball flach halten“, denn „Deutschland muss sich jetzt neu aufstellen“.

Die Kolumne „Ansichtssache“ schreibt Wolfgang Uhrig für den Verein Münchner Sportjournalisten. Wir danken dem Autoren und den VMS-Kolleg*innen dafür, den Text nutzen zu dürfen.