„Der Journalist muss selbst zu einer Marke werden“

Sportler und Social Media – Teil III

16.01.2016 Social Media sind schnell. Social Media dominieren. Dennoch haben Sportjournalisten auch künftig eine Chance. Wenn sie verstärkt ihre Kontrollfunktion wahrnehmen.
Autor: Thorsten Poppe
Im ersten Teil des dreiteiligen Social-Media-Reports ging es um die grundlegenden Entwicklungen und die Probleme, die sich dadurch auch für Sportjournalisten ergeben können. Im zweiten Teil wurden unter anderem die erfolgreichen PR-Aktivitäten des FC Bayern München analysiert.

Stefan Mellin arbeitet als Medienberater bei kaliber5 und betreut mit der Agentur unter anderem die Profile in den sozialen Netzwerken von Mario Götze (Foto: firo/Augenklick), Toni Kroos, Marco Reus und Benedikt Höwedes. Für den studierten Sportjournalisten gibt es kein einfacheres Instrument zur Fanbindung, Eigenpositionierung sowie letztendlich Marken- und Marktwertsteigerung als diese digitalen Kanäle. Authentizität stellt er dafür nach ganz oben, gibt aber auch unumwunden zu, dass manche Spieler hier ausdrücklich ein anderes Bild in der Öffentlichkeit von sich erzeugen wollen.

Diese mediale Wirklichkeitskonstruktion müssen wir uns vor Augen halten. Wie auch die daraus resultierende Situation für die klassischen Medien, wie Mellin feststellt: „Ich spreche oft mit Sportjournalisten, die ihren Unmut darüber kundtun, dass es für sie unmöglich sei, alle Twitter-Profile der Bundesliga-Vereine und -Spieler zu überblicken. Wie auch? Lapidar formuliert: Twitter, Facebook und Co. sind immer schneller als die Zeitung von morgen. Für den Journalisten bedeuten die sozialen Medien ein hohes Maß an Umorientierung.“

Neben der gründlichen Überprüfung der in den sozialen Netzwerken gemachten Aussagen sollten wir Facebook, Twitter und Co. als Chance begreifen. Um unserer objektiven Berichterstattung nachkommen zu können, müssen wir Distanz wahren und uns immer wieder die Frage stellen: Wer schreibt da gerade – der Star oder sein Berater? Ist das eine Botschaft zu reinen Werbezwecken? „Bild“-Redakteur Traemann nennt sein Credo dafür: „Folgen, hinterfragen, nachfragen.“

Journalisten sollen das Wichtige vom Unwichtigen trennen

Wir können vielleicht die Informationen im Vorfeld als Gatekeeper nicht mehr filtern, aber eben im Nachhinein. Indem wir der Geschichte hinter der Aussage nachgehen. Und damit eben dem Leser einen Mehrwert bieten, den er aus dem eigentlichen Statement nicht erkennen kann. So trennen wir weiter das Wichtige vom Unwichtigen und enttarnen reine PR- oder Werbebotschaften.

Prof. Dr. Thomas Horky von der Macromedia Hochschule Hamburg sieht uns durch die sozialen Medien jedenfalls nur vordergründig aus dem Spiel genommen. Denn auch wenn wir durch diese übergangen werden können, bieten sie doch auch die Möglichkeit, die dort gemachten Aussagen gründlich und objektiv zu bewerten.

„Die große Chance für die Sportjournalisten ist ihre Unabhängigkeit, denn die Rezipienten sind schlau. Sie wissen, woher die Quelle ist, von wem die Botschaft stammt, oder dass hinter einem Bundesliga-Spieler und seinen Social-Media-Aktivitäten eine PR-Agentur steckt“, sagt Horky (Foto: Witters).

Dieses Bewusstsein sollte der Sportjournalismus „selbstbewusst aufnehmen und sich als unabhängiger Berichterstatter positionieren – und dadurch selbst zu einer Marke werden“.