Sportjournalisten im Abseits?

Erschwerte Arbeitsbedingungen – Teil I

16.07.2016 Die Medienlandschaft hat sich in rasender Geschwindigkeit verändert. Das hat auch Auswirkungen auf die Arbeitsmöglichkeiten der Journalisten. Sehr oft sind es negative.
Autor: Julia Wellmann
Sportjournalisten obliegt die Aufgabe, distanziert und unabhängig zu berichten. Inwieweit ist dies jedoch in einer zunehmend ökonomisierten und medialisierten Sportlandschaft noch möglich? Mit dieser Frage beschäftigte sich Julia Wellmann (Foto: privat) und interviewte dazu sieben Sportjournalisten aus Print-, Rundfunk- und Onlinemedien. Die Autorin studierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München Kommunikationswissenschaft und Psychologie. Mit der vorgestellten Studie schloss sie ihr Bachelorstudium im Jahr 2015 erfolgreich ab. Derzeit macht sie ihren Master in „Cognition and Communication“ an der Universität Kopenhagen.

Die Interviews mit den Sportjournalisten zeigen: Je höher das Medieninteresse am Event, desto eingeschränkter die Arbeitsbedingungen der Sportjournalisten vor Ort. Während Sportredaktionen möglichst exklusives Material erwarten, können Journalisten zunehmend nur auf das zurückgreifen, was in der Mixed Zone, wo Sportler und Berichterstatter zusammentreffen, und auf Pressekonferenzen preisgegeben wird. Vereine, Verbände und Veranstalter stellen sich mit steigender Selbstverständlichkeit zwischen die Sportjournalisten und Athleten.

Besonders im Fußball scheint die Situation prekär zu sein. „Bei anderen Sportarten ist es noch ein bisschen anders, da ist immer noch mehr die Not da, dass man die Medien braucht. Sobald jedoch die Medien die Spieler brauchen, wird es schwierig“, stellt Florian Weiß fest. Als Reporter bei Sport1 berichtet er schwerpunktmäßig vom Fußball und vom in Deutschland weniger populären Basketball – und kennt somit beide Seiten. „Je größer das Event, desto mehr Journalisten, desto mehr wird auch mal mit Ellenbogen gekämpft“, berichtet er vom Ablauf in der Mixed Zone beim Fußball.

Richtig interessant werde eine Geschichte jedoch erst durch exklusives Material. Rechteinhaber von Sportgroßveranstaltungen hätten hier bessere Chancen als Nichtrechteinhaber. Florian Weiß spricht die Tendenz an, hier zwischen Journalisten „erster Klasse“ und anderen zu unterscheiden. Während Reporter mit Berichterstattungsrechten in der Interview-Zone keine Probleme hätten, mit den Spielern sprechen zu dürfen, würden sich „dahinter auf zehn Metern ungefähr 400 Journalisten, die keine Rechte haben“ tummeln und um jede Aussage der Sportler wetteifern.

Moritz Leihkamm, Sportjournalist bei der Bild-Zeitung, erklärt, dass er und seine Kollegen immer stärker versuchen, diese Barriere durch den Aufbau „einer persönlichen Nähe“ zu den Sportlern und Vereinen zu überwinden. „Bei Bild ist es wahrscheinlich extrem“, sagt Leihkamm und schätzt den Anspruch der Exklusivität bei seinem Medium noch höher ein, als das bei anderen der Fall sein möge. „Dass dadurch dann aber irgendwie die Distanz und Unabhängigkeit leidet“, sei leider die Kehrseite der Medaille (Löw-Foto: GES-Sportfoto/Augenklick).

Zudem sieht sich Leihkamm auch in einer Abhängigkeit von den Spielern. Er weiß genau, dass, „wenn er da jetzt den großen Rundumschlag auspackt“ oder auftritt „wie der Elefant im Porzellanladen“, erst einmal keiner mehr mit ihm spräche. Wer unbequeme Fragen stelle und Exklusivität generieren wolle, könne schnell von Veranstaltungen ausgeschlossen werden.

Lesen Sie im zweiten und letzten Teil des Reports, wie Vereine, Verbände und Sportler selbst Content produzieren und damit die etablierten Medien ausbremsen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf der Website European Journalism Observatory. Wir danken für die großzügige Überlassung.

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