Schwarzmalen nach Zahlen

Auflagen der Printmedien

10.07.2016 Den Holzmedien geht es nicht gut. Das liegt aber nicht an unserem Autor. Bitte nicht den Überbringer schlechter Nachrichten köpfen!
Autor: Gregor Derichs
Diese Kolumne sei ein Forum des Schwarzsehens, hieß es zuletzt hier und da. Und wenn an dieser Stelle die Medienkrise zur Sprache käme, ende dies stets in Hoffnungslosigkeit. Nachdem hier jüngst einige positive Akzente gesetzt wurden, ist es nun tatsächlich wieder einmal Zeit, unangenehmen Realitäten ins Auge zu sehen: Es geht um die letzten Quartalszahlen der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern, besser bekannt als IVW.

Dass der Abwärtstrend der Printmedien kaum aufzuhalten ist, kann keine Neuigkeit sein. Doch der Verfall vieler Auflagen, ja seine Rasanz selbst für die großen Institutionen des deutschen Zeitungs- und Zeitschriftenwesens ist so überraschend wie erschreckend.

Zehn Prozent beträgt der Einbruch beim Spiegel im ersten Quartal des Jahres 2016 im Vergleich mit der Phase Januar bis März 2015. Auch Welt und Bild rutschten mit zweistelligen Prozentzahlen ab. Die FAZ verlor 8,9 Prozent, die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung sogar 11,7. Beide bewegen sich nun um 250.000 Exemplare. Unbeeindruckt davon wagte der FAZ-Verlag im April ein neues Projekt: Die Frankfurter Allgemeine Woche, ein 80-seitiges Magazin. Dass kaum lohnende Vertriebskanäle nicht mehr bestückt werden, soll ein Grund bei den FAZ-Rückgängen sein.

Bei anderen Publikationen sinken die Abonnementszahlen langsam(er), der Absatz an Kiosken und anderen Verkaufsstellen aber fast radikal schnell. Krass ist die Entwicklung bei der Welt, die inklusive Welt kompakt auf 180.059 verkaufte Exemplare kam (minus 10,5 Prozent). Am Kiosk erwerben pro Tag nur noch 12.500 Menschen die Springer-Zeitung, was einem Minus von 43 Prozent entspricht, trotz der recht intensiven Werbung, die sich andere Verlage schon lange nicht mehr leisten können.

Der stern verbuchte ein Rekordtief bei den Verkäufen

Um fast 20 Prozent ging der Einzelverkauf beim Spiegel (Auflage: 793.087 Exemplare) zurück, beim Focus (Auflage: 474.285) waren es 25 Prozent, was einem Rückgang der Kioskverkäufe von durchschnittlich 63.000 Exemplaren pro Woche ausmacht. Der stern (Auflage: 719.290) verbuchte ein Rekordtief bei den Verkäufen, meldete aber einen erstaunlichen Zuwachs von 7,3 Prozent bei den Abos.

Im Dauersinkflug ist weiter die Bild, bei der inzwischen die Zahlen der Berliner B.Z. einfließen: Die verkaufte Auflage lag erneut wie im vierten Quartal 2015 unter der Marke von zwei Millionen. Das ist ein Minus von 10,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das Springer-Flaggschiff, das zu besten Zeiten nach der Wiedervereinigung auf fünf Millionen Exemplare kam, steigerte aber die Digitalabos auf mehr als 300.000 Stück. Insgesamt bleibt es beim Trend, dass der Auflagenschwund im deutschen Süden langsamer verläuft als im Norden, wobei die großen Städte am stärksten betroffen sind. Trotzdem finanzieren sich deutschsprachige Medienhäuser noch immer bis zu 85 Prozent über Print.

Besonders der Spiegel von Doppelschwund Auflage/Anzeigen hart getroffen

Und nun folgen am Ende des Schwarzmalens nach Zahlen die besseren Nachrichten: Die Einnahmen durch Werbung können sich nach wie vor sehen lassen. Spitzenreiter des ersten Quartals 2016 war laut den Marktforschern von Nielsen der stern mit 26,07 Millionen Euro brutto vor der Bild am Sonntag (24,36 Millionen) und dem Spiegel (24,14 Millionen). Die BamS hat dabei ein aus dem Rahmen fallendes Plus von 17,3 Prozent gegenüber 2015 erzielt. Passend zur Auflage gingen indes beim stern die Reklameeinnahmen um 4,9 Prozent und beim Spiegel um sieben Prozent zurück.

Um dem Anzeigenschwund entgegenzutreten, startete der Spiegel im Februar eine regionalisierte Ausgabe in NRW. Anfang Mai hieß es aber, das Einfügen von acht Spezialseiten für Rhein und Ruhr würde wieder eingestellt. Besonders der Spiegel ist vom Doppelschwund Auflage/Anzeigen hart getroffen.