Nicht immer nur Fußball, bitte!

Frauen als neue Zielgruppe – Teil I

11.12.2016 Die Sportberichterstattung ist eine Männerdomäne. Aber was ist mit der immer größer werdenden Gruppe sportinteressierter Frauen? Wie ein Angebot für diese aussehen könnte, hat Natalie Raida, Studentin an der Deutschen Journalistenschule in München, in einer Masterarbeit untersucht.
 
Fast 35 Millionen Deutsche sahen 2014 das WM-Finale in Brasilien, als die deutsche Nationalmannschaft zum vierten Mal Fußballweltmeister wurde. Fast die Hälfte der TV-Zuschauer in Deutschland waren dabei Frauen. Und auch in den hiesigen Stadien sieht man immer mehr Frauen: Inzwischen soll der Anteil der weiblichen Stadionbesucher bei etwa 30 Prozent liegen. Es ist nicht mehr zu leugnen, dass die Zeiten, als vor allem Männer sich für Sport interessierten, vorbei sind.

Doch eine Branche hat das bislang nicht erkannt: der Journalismus. Zeitschriften wie der Kicker und 11Freunde sind vor allem bei Männern erfolgreich: 95 Prozent der Leser des Kicker sind männlich, bei 11Freunde sind es um die 93 Prozent; auch andere Sportmedien werden hauptsächlich von Männern genutzt. Das Problem: Diese Sportberichterstattung ist von Männern für Männer konzipiert. Denn auch die Sportjournalisten sind vorwiegend männlich: Die Studie „International Sports Press Survey“ ergab, dass nur knapp fünf Prozent aller Artikel über Sport von Frauen verfasst werden (Raida-Foto: Klartext-Magazin/Erol Gurian).

Um auch Frauen für Sportberichterstattung zu begeistern, muss sich folglich etwas ändern. Die Fragestellung der Masterarbeit lautete daher: Wie kann ein Konzept für ein mediales Sportangebot für Frauen aussehen? Dafür wurden drei Gruppendiskussionen mit insgesamt 19 sportinteressierten Frauen durchgeführt.

In diesen erzählten die Teilnehmerinnen, welche Sportmedien sie nutzen, was ihnen an der Sportberichterstattung gefällt, was nicht und welche Änderungswünsche sie haben. Aus der Kombination der Faktoren „Sportinteresse“ und „Ausmaß“ an Kritik wurde zusätzlich eine Typologie sportinteressierter Frauen erstellt, die zeigt, wie unterschiedlich Frauen mit der Sportberichterstattung umgehen.

In den Gruppendiskussionen zeigte sich, dass die Sportmedien zum Großteil nicht in der Lage sind, den Bedürfnissen der Frauen gerecht zu werden. Die Hauptkritikpunkte der Frauen sind die Vernachlässigung von Frauensport, die Dominanz von Fußball als Hauptberichterstattungsgegenstand, die teilweise fehlende Hintergrundberichterstattung und die Vernachlässigung von negativen Entwicklungen im Sport. Diese Kritikpunkte dienten als Ausgangspunkt für die Entwicklung des Konzeptes für ein mediales Sportangebot für Frauen.

Den größten Änderungsbedarf sehen die Frauen dabei beim Inhalt der Sportberichterstattung. So fordern die Frauen eine größere Vielfalt an Sportarten, indem in der Berichterstattung neben Fußball auch noch mehr über andere Sportarten berichtet wird. Eine Studentin der Bioinformatik, 21, etwa vermutet, „dass sich das Interesse von Frauen an Sport weiter fächert als bei Männern“. Viele Frauen kamen dabei auf die Idee, dass neben den klassischen Sportarten auch Extremsportarten thematisiert werden könnten. Diese seien außergewöhnlich und würden bestimmt viele Frauen ansprechen.

Der zweite große Wunsch der Frauen bezieht sich auf den Umgang mit Frauensport. So erwarten die Frauen, dass zum einen mehr und zum anderen ernster, also ohne Klischees zu bedienen, über Frauensport berichtet wird. „Es muss wirklich präsent sein, und deswegen glaube ich, dass Frauensport generell mehr gesehen werden sollte. Es wird ja auch nicht im Fernsehen darüber berichtet, wie sie gespielt haben und das tollste Tor aus der Champions League oder der Bundesliga der Frauen wird nicht gezeigt“, beschwert sich eine 26-jährige Kinderpflegerin, die selbst auch Fußball spielt.

Dieser Artikel stammt aus der September-Ausgabe des sportjournalist, die direkt beim Meyer & Meyer Verlag bestellt werden kann. Mitglieder des VDS können sich das Heft als PDF im Mitgliederbereich kostenlos herunterladen.

Lesen Sie im zweiten Teil des Reports, weshalb bei vielen Frauen der Eindruck entsteht, dass Sportjournalisten zu sehr Fan ihres Sports sind, um objektiv zu berichten.