Intensive Interviews und mehr Hintergrundberichte

Frauen als neue Zielgruppe – Teil II

18.12.2016 In der Sportberichterstattung wird zu wenig auf die Interessen der Frauen geachtet. Dabei wäre eine Lösung sehr einfach. Das hat Natalie Raida, Studentin an der Deutschen Journalistenschule in Mu?nchen, in ihrer Masterarbeit herausgefunden.
 
Im ersten Teil des Reports ging es um die viel zu starke Fokussierung in der Berichterstattung auf den Fußballsport. Frauen wünschen sich ein deutlich breiteres Themenspektrum.

Zusätzlich zur reinen Berichterstattung über Sportereignisse möchten die Frauen, dass auch Lifestyle-Themen eine Rolle spielen. Mögliche Themen wären Fitness, Ernährung und Sportbekleidung. So klischeehaft dies auf den ersten Blick klingen mag, sind sich die Frauen einig, dass auch solche Themen in ein mediales Sportangebot für Frauen gehören.

„Es muss eine Mischung sein aus professionellem Sport, weil es sonst nicht ernst genommen wird, aber auch aus Lifestyle-Themen, die Frauen interessieren, wie beispielsweise Rezepte oder Tipps, wie die Frisur beim Laufen hält“, schlägt eine Journalismus-Studentin vor (Raida-Foto: Klartext-Magazin/Erol Gurian).

Zuletzt erwarten die Frauen einen kritischeren Umgang der Medien mit negativen Entwicklungen im Sport wie Doping oder Gewaltphänomenen. Sie kritisieren, dass zu wenig über diese Themen gesprochen werde und dies zumeist nur, wenn es gerade einen Skandal gäbe. Besonders die junge Journalismus-Studentin stört es, dass oft nur eine kurze Zeit über diese negativen Entwicklungen berichtet werde. Das Problem liegt ihrer Meinung nach dabei vor allem bei den Sportjournalisten, die „zu sehr Fan ihres Sports sind, um objektiv zu berichten“.

Auch was die journalistische Umsetzung der Themen betrifft, haben die Frauen bestimmte Vorstellungen. So wünschen sie sich grundsätzlich mehr Hintergrundberichterstattung in den Medien. Den Bedürfnissen der Frauen entsprächen vor allem Porträts über Sportler und emotionale Interviews, die ihnen einen Einblick in den Alltag der Sportler geben und Anknüpfungspunkte zum eigenen Sporttreiben bieten.

Eine Teilzeit in der Kommunikationsbranche arbeitende Mutter will wissen, „wie die Menschen zu Sportlern werden, wie es in der Familie aussieht, wie sie es schaffen, ihr ganzes Leben so zu meistern und sich um ihre Kinder zu kümmern“.

Eine Studentin der Theaterwissenschaft hat ebenfalls klare Vorstellungen: „Also ich würde mir intensive Interviews wünschen, in denen keine Phrasen vorkommen und keine Analyse, warum das Tor gefallen ist. Stattdessen soll es darum gehen, wie es denen auf dem Platz geht, was das für ein Druck ist. Die Sportberichterstattung sollte einfach menschlicher sein.“ Dennoch ist auch die klassische Live-Berichterstattung erwünscht, vor allem bei Sportgroßereignissen, denn hier können die Frauen ihr Bedürfnis nach Gemeinschaft am besten befriedigen.

Auch bei den Akteuren der Sportberichterstattung haben die Frauen eine klare Forderung, die sich in wenigen Worten zusammenfassen lässt: mehr Frauen! Sowohl auf Seiten der Sportjournalisten als auch bei den in der Sportberichterstattung vorkommenden Sportlern plädieren sie für mehr Frauen.

Den Frauen ist dabei aber äußerst wichtig, dass es sich nicht um „schön hergerichtete Püppchen“ handelt, die einfach nur gut aussehen und vor allem für das männliche Publikum da sind. Stattdessen sollen die Frauen kompetent sein und Spaß an ihrem Job haben.

Darüber hinaus könnten sich die Frauen vorstellen, dass man Sportlerinnen auch verstärkt als Experten einsetzt, um das Bild von Frauensport zu verbessern. „Die Sportlerinnen haben eine andere Sicht und man nimmt sie auch ernst, wenn sie etwas Analytisches sagen. Das zeigt, dass auch Frauen Ahnung von Sport haben“, erklärt eine 26-jährige Kinderpflegerin.

Insgesamt ist festzustellen, dass die Sportberichterstattung mit wenigen Änderungen auch für Frauen attraktiver gemacht werden könnte. Statt der klassischen Ergebnis- sollte die Hintergrundberichterstattung im Vordergrund stehen und der Fokus auf eine Vielzahl von Sportarten sowie Sportlerinnen gelegt werden.

Dieser Artikel stammt aus der September-Ausgabe des sportjournalist, die direkt beim Meyer & Meyer Verlag bestellt werden kann. Mitglieder des VDS können sich das Heft als PDF im Mitgliederbereich kostenlos herunterladen.