Freund und Zauberer

Nachruf auf Günter-Peter Ploog

21.09.2016 Günter-Peter Ploog war ein unglaublich vielseitiger Journalist. Und er war ein toller Kollege. Er fehlt überall.
Autor: Eberhard Figgemeier
Wir waren noch verabredet, Günter-Peter Ploog und ich. Eine Verabredung, die er ausnahmsweise mal nicht einhielt. In der zweiten Oktober-Hälfte wollten wir uns treffen, in seinem neuen „Häuschen“, wie er es nannte, bei St. Peter-Ording. Dort, mit seiner Frau Bärbel, wollte er seine bemerkenswerte journalistische Karriere ausklingen lassen. Noch gelegentlich ein bisschen was für das ZDF machen, einen Vertrag hatte er noch, und ansonsten sein Leben und seine Familie genießen. Günter-Peter Ploog verstarb völlig unerwartet am 17. September 2016, er erlag im Alter von 68 Jahren den Folgen eines Herzinfarktes.

1979 holte ZDF-Sportchef Hanns-Joachim Friedrichs, der Mann mit dem untrüglichen Blick für journalistische Talente, den damaligen DPA-Ressortleiter Sport Ploog zu uns. Dem sehr kontaktfreudigen Schreiber Ploog (Foto: Foto-Kunz) blieb keine Zeit zum Fremdeln in dem für ihn neuen Medium Fernsehen. Er lernte unglaublich schnell und schloss viele Freundschaften, die bis heute gehalten haben.

Bei der Fußball-EM 1980 in Italien schickte Friedrichs dann zwei unserer „jungen Wilden“, die Kollegen Rolf Töpperwien und eben Günter-Peter Ploog, mit dem Auftrag einer völlig neuen Berichterstattung ins Quartier der deutschen Nationalmannschaft. Gegen zwei arrivierte ARD-Kollegen. Das Ergebnis war eine Zeitungsschlagzeile, die beide noch jahrzehntelang an der Wand hängen hatten: „ZDF-Indianer schlagen ARD-Häuptlinge“.

1981 war eines der schwersten Jahre im Leben von Günter-Peter Ploog. Veruschka, seine Tochter aus erster Ehe, starb achtjährig in Mainz an Leukämie. Seitdem hat sich Ploog bis zu seinem Tode sehr stark bei der Stiftung Krebskranke Kinder Mainz engagiert und wesentlich dazu beigetragen, dass diese Stiftung mehr als zwei Millionen Euro Fördergelder akquirieren konnte.

Günter-Peter, geboren am 13. Januar 1948, war sicher ein journalistisches Multitalent. Er konnte schreiben, live kommentieren, wunderbare filmische Geschichten erzählen und moderieren. Der liebe Gott hatte ihn mit viel Talent gesegnet, den großen Rest aber hat er sich hart erarbeitet. Seine journalistischen Stationen vom ZDF über Premiere, Eintracht Frankfurt und seit 2002 zurück zum ZDF sind bekannt. So sind es eher viele kleine Facetten, die sein Bild schärfer zeichnen.

1985 war er mein Hintermann in Mainz, als ich am 29. Mai im Heysel-Stadion beim Europacupfinale zwischen Juventus Turin und Liverpool in Brüssel das Sterben von 39 Menschen kommentieren musste. Das live gesprochene Wort kam von mir, viele sehr journalistische Gedanken und Fakten aber kamen von ihm. Der Nachrichtenmann Ploog (Foto: METELMANN Photographie) saß mit den Fernschreiben von SID und DPA in Mainz und hat mich mit den wichtigen Informationen versorgt, mich freundschaftlich und menschlich betreut. Sonst hätte ich diesen Livekommentar vielleicht nicht bis zum Ende durchstehen können.

Mitte der 1980er-Jahre haben wir im Zweierwechsel die großen Fußballspiele live kommentiert. War Günter der Reporter, habe ich ihm assistiert, war ich der Reporter, hat er mir geholfen. Das Gefühl, einen erfahrenen Livereporter neben sich zu wissen, nicht als Konkurrenten, sondern als Freund, war extrem hilfreich. Wir haben uns eben gegenseitig nicht mit den heute üblichen Statistiken gefüttert, sondern mit wichtigen journalistischen Gedanken und fußballerischem Sachverstand.

Mit Ploog zeigte das ZDF zwar Boxen, aber er redete es nie schön

Bei den Olympischen Winterspielen 1988 in Calgary haben wir uns ein Apartment geteilt. Nachdem wir zuallererst und einvernehmlich die Frage des Küchendienstes geklärt hatten, war der große Rest harmonisches Zusammenleben auf engem Raum. Der robuste Journalist Ploog konnte auch wunderbar Rücksicht nehmen.

Vom Trainer Franz Beckenbauer als „Zauberer“ bezeichnet worden zu sein, genoss Günter immer als Zeichen seiner journalistischen Distanz. Er war die ZDF-Stimme des Boxens, aber er hat „Schiebung“ auch „Schiebung“ genannt. Mit Ploog zeigte das ZDF zwar Boxen, aber er redete es nie schön.

Die Stimme des Nordens wurde Günter-Peter Ploog, der in Hamburg lebte, respektvoll genannt. Und im Norden wollte er seinen Lebensabend verbringen. Seine Frau Bärbel, „die Liebe seines Lebens“, so Ploog, und seine beiden Kinder Sarah und Sebastian, denen er ein liebevoller Vater war, werden das Häuschen bei St. Peter-Ording, in dem wir uns im Oktober treffen wollten, nun nicht mehr beziehen. Ohne Günter wäre es zu leer. Er fehlt überall. Er fehlt vor allem seiner Familie sehr, aber eben auch seinen Freunden. Doch irgendwie, lieber Günter, bleiben wir in Kontakt, so wie all die Jahre.