Knebel, Schnaps und Durcheinander

Medienrecht-Alphabet I-Q

14.04.2020 Obiter dictum? Nie gehört! Und was, bitteschön, ist das NetzDG? Das Medienrecht-Alphabet des sportjournalist sorgt für Aufklärung. Teil II von I wie Informantenschutz bis Q wie Querschnittsmaterie.
Autor: Clemens Gerlach
Im ersten Teil des Medienrecht-Alphabets (A bis H) ging es unter anderem um die Caroline-Urteile, Gegendarstellungen und Hauptsacheverfahren.

I wie Informantenschutz
Was wären wir Medienschaffenden ohne die Menschen, die mit uns kommunizieren, damit wir an Informationen kommen? Aufgeschmissen! Denn über bestimmte Kenntnisse oder Dokumente verfügen oftmals nur spezielle Personen. Damit die sicher sein können, dass ihre Informationen nach der Weitergabe geschützt sind, gibt es auch für Journalist*innen das Zeugnisverweigerungsrecht. Die Idee dahinter ist simpel: Aufklärung der Öffentlichkeit und Kontrolle staatlichen Handelns sind für die Demokratie unabdingbar. Und das geht nur, wenn Journalist*innen in der Regel nicht gezwungen werden können, ihre Quellen zu nennen.

J wie Jugendschutz
Klar, harten Alkohol und Tabak gibt es offiziell erst ab 18 Jahren. Doch auch Medienprodukte unterliegen dem Jugendschutzgesetz: So sind immer wieder Bücher, Filme und Computerspiele für Minderjährige verboten, weil sie etwa gewaltverherrlichend sind. Zuständig für die Einstufung ist die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien.

K wie Knebelvertrag
Zugegeben, der Begriff „Knebelvertrag“ ist kein juristischer. Doch dieser trifft leider häufig sehr gut auf das mitunter gutsherrenartige Geschäftsgebaren etlicher Medienhäuser zu. Denn viele Verlage und Sender verlangen mittlerweile bei Erteilung eines Auftrages, dass die freie Autorin oder der freie Autor sämtliche Verwertungsrechte abtritt. Das ist für letztere ein existenzbedrohendes Problem, leben sie oder er doch davon, Artikel oder Beiträge mehrfach zu verkaufen. Die Freischreiber, der Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten, vergibt seit 2012 den Hölle-Preis für besonders dreiste Auftraggeber.

L wie Landgerichte
Viele Streitigkeiten, etwa zwischen Verlagshäusern und Personen der Öffentlichkeit, landen vor Gericht. Dann müssen Pressekammern entscheiden. Diese sind bei den Landgerichten angesiedelt, zum Beispiel in Hamburg oder München. Inzwischen ist in Jurist*innenkreisen bekannt, welcher Spruchkörper kläger- und welcher beklagtenfreundlich ist.

M wie Meinungsfreiheit
In Deutschland ist die Meinungsfreiheit grundgesetzlich gesichert. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht in seinen Beschlüssen immer wieder betont, wie wichtig es für die Konstituierung eines demokratischen Staates ist, dass sich alle Menschen frei äußern können. Kritik kommt jedoch von den Gewerkschaften. Die sehen die Meinungsfreiheit durch beispielsweise das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (NetzDG) eingeschränkt.

N wie Nutzungsrecht
Wer etwas nutzen möchte, das ihm nicht gehört, der sollte besser die Urheberin oder den Urheber fragen. Denn ohne deren oder dessen Erlaubnis ist eine Nutzung nicht gestattet. Doch bedauerlicherweise passiert es sehr häufig, dass Inhalte ohne Genehmigung verwendet werden. Vor allem Fotograf*innen können davon ein Lied singen. Ein trauriges leider. Üblicherweise wird ein Werk nach deutschem Recht 70 Jahre nach dem Tod der Urheberin oder des Urhebers gemeinfrei. Bis zum Ablauf dieser Frist: Zur Sicherheit die Erb*innen kontaktieren.

O wie Obiter dictum
Dafür, dass es sich – wörtlich übersetzt – lediglich um „nebenbei Gesagtes“ handelt, gibt es eine sehr intensive Diskussion über die Sinnhaftigkeit eines Obiter dictum. Die einen begrüßen es ausdrücklich, wenn Richter*innen in einer Einzelfall-Entscheidung auch noch ihre grundsätzliche Rechtsauffassung zu (ähnlichen) Rechtsfeldern kundtun. Anderen missfällt genau dies: Sie sehen eher Verwirrung als Rechtsfortbildung.

P wie Publizistische Sorgfaltspflicht
Dieser Begriff klingt angesichts der digitalen Umwälzung, die sich in einem unglaublichen Tempo vollzieht, ein wenig wie aus der Zeit gefallen. Dabei ist es mehr denn je wichtig, dass Medieninhalte vor ihrer Veröffentlichung auf Korrektheit überprüft werden. Geregelt ist die publizistische oder journalistische Sorgfaltspflicht in den Pressegesetzen der Länder. Zuweilen wird auch auf den Pressekodex des Deutschen Presserats verwiesen.

Q wie Querschnittsmaterie
Als ob das Rechtswesen nicht schon an sich kompliziert genug wäre, gibt es auch noch einige Sonderfälle. Das Medienrecht gehört dazu, es ist eine Querschnittsmaterie und spielt in die Teilbereiche öffentliches Recht, Zivilrecht sowie Strafrecht hinein. Das hat mitunter kuriose Folgen, denn wegen der möglichen Zuständigkeit ist nicht immer klar, welche Gerichtsbarkeit eigentlich im Einzelfall dran ist.

Dieser Artikel stammt aus dem sportjournalist. Hier geht es zur Bestellung des Jahresabonnements beim Meyer & Meyer Verlag. Mitglieder des VDS erhalten den alle zwei Monate erscheinenden sportjournalist automatisch per Post und können sich das Heft zudem im Mitgliederbereich kostenlos als PDF herunterladen. Dies gilt auch für ältere Ausgaben. Lesen Sie im dritten und letzten Teil des Medienrecht-Alphabets (R bis Z), was es mit Redaktionsschwanz und Yale-Ansatz auf sich hat.

Für die Beantwortung von Rechtsfragen steht Ihnen im Übrigen Dirk Feldmann zur Verfügung. Er ist seit 1983 als Anwalt tätig und Gründungspartner der Medienrechtskanzlei Unverzagt von Have in Hamburg. Jedes VDS-Mitglied kann kostenlos Rat zu sämtlichen Fragen einholen, die im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stehen. Bitte geben Sie bei Ihren Anfragen jeweils kurz an, bei welchem Regionalverein Sie Mitglied sind. Hier finden Sie die Kontaktdaten.