Sie wittern das große Geschäft

eSport-Trend – Teil II

03.12.2018 Im eSport hat sich eine sehr aktive Szene gebildet. Hersteller, Vermarkter und Vereine wollen von der Entwicklung profitieren. Es geht um sehr viel Geld.
Autor: Frank Heike
Im ersten Teil des zweiteiligen eSport-Reports ging es um die ausführlicher gewordene Berichterstattung der etablierten Medien über den digitalen Trend. Insgesamt ist das Gamer-Business stark in Bewegung geraten.

Auch für die Vermarkter- und Sponsorenseite ist eSport längst hochinteressant. Die Umsatz- und Zuwachszahlen sind gewaltig und lassen keinen anderen Schluss zu, als dass hier (auch) ein gigantisches Geschäft gemacht wird. Viele Fachleute sprachen Anfang August in Hamburg auf der „Spielmacher“-Konferenz zu den Themen Digitalisierung und e-Sport. Die Relevanz des Themas belegte allein die Teilnehmerliste mit Personen aller namhaften Sportvermarkter.
 
David Görges, Leiter Neue Medien von Borussia Dortmund, forderte einen „erwachsenen“ Umgang mit dem Thema. Der BVB-Mann („eSport hat mit Fußball nichts zu tun“) legte den Bundesligisten nahe, ihr junges Publikum im eSport nicht zu verschaukeln, sondern als Zielgruppe ernst zu nehmen. „Die Generation Z braucht uns nicht, aber wir brauchen sie.“ Vielleicht irgendwann auch, um wieder oder überhaupt als Fans ins Stadion zu gehen?

Dass die eSport-Szene gut vernetzt ist, die Stars nahbar und beliebt sind, der ganze Betrieb von jungen Männern dominiert ist – das war bekannt. Die Sponsoring-Beratungsagentur Octagon hat dazu jüngst eine Studie auf der Basis von mehr als 500 Befragten produziert. Dabei kam heraus, dass es vier verschiedene Fan-Typologien gibt. Die ersten schätzen am eSport vor allem die Sozialkontakte. Den zweiten geht es ums Gewinnen („Levelling up“). Die dritten spielen schon lange und wollen sich verbessern. Die vierten sind nur manchmal dabei, dann aber intensiv.
 
Stressabbau, das Entdecken einer neuen Welt, die Aussicht, Preisgelder zu gewinnen oder die Freude am „Trashtalk“ nach Spielen treibt die Gamer laut Umfrage an. Studien dieser Art wollen den großen Markt für Sponsoren abstecken, fragmentieren, damit Werbebotschaften genauer ankommen. Zuletzt kamen auch die Unternehmensberatungen Deloitte und PricewaterhouseCoopers International (PwC) mit Prognosen zum Wachstumsmarkt eSport heraus. Das zeigt, welche Expansionsmöglichkeiten Experten hier sehen.

„Die aktuelle und die nächste Generation wird mit eSport groß“
 
An der grundsätzlichen Relevanz des Themas, über das der sportjournalist in der Ausgabe Februar 2017 berichtete, hat ein Vermarktungsprofi wie Dennis Trautwein von Octagon keine Zweifel. „Die aktuelle und die nächste Generation junger Menschen wird mit eSport groß. Man kann als älterer Mensch versuchen, eSport kleinzureden oder zu ignorieren. Aber mit dieser Haltung wird man nicht weit kommen.“
 
Wenn wir die Bedeutung und Zukunftsträchtigkeit des Themas erkennen, könnte dann eSport-Berichterstattung die heiß ersehnte junge Zielgruppe zum Zeitunglesen bringen, ob online oder auf Papier?

Sebastian Schellschmidt vom Focus ist skeptisch: „Journalisten der Mainstreammedien haben in den allermeisten Fällen nicht die Kompetenz, um von eSport-Anhängern ernstgenommen zu werden. Die Szene ist in sich sehr geschlossen.“ Sie versorge sich selbst mit Neuigkeiten (Foto: firo sportphoto/Augenklick).
 
Ehemalige Spieler agierten als Experten und berichteten auf eigenen Plattformen „oder im Auftrag der großen Publisher. Und die Fans schauen ihnen genau dort zu. In einem Publikumsmagazin oder einer Tageszeitung wird eSport deshalb wohl noch lange von außen betrachtet werden.“ Nur wer Experten hinzuziehe, habe mit seiner Berichterstattung eine Erfolgschance, sagt Schellschmidt.
 
Andererseits – wenn ein wenig gaming-affiner Leser zufällig einen eSport-Artikel in Tageszeitung oder Magazin liest und sich gut informiert und unterhalten fühlt, wäre schon viel gewonnen auf dem Weg zu größerer Akzeptanz des eSports.

Dieser Artikel stammt aus der Ausgabe Oktober/November 2018 des sportjournalist. Hier geht es zur Bestellung des Einzelheftes beim Meyer & Meyer Verlag. Mitglieder des VDS erhalten den alle zwei Monate erscheinenden sportjournalist automatisch per Post und können sich das Heft zudem im Mitgliederbereich kostenlos als PDF herunterladen. Dies gilt auch für ältere Ausgaben.