Neue Perspektiven und Anstöße

Bilanz des Doping-Workshops von VDS und TUM

27.12.2018 „Doping in Deutschland“ – unter diesem Titel haben der Arbeitsbereich für Medien und Kommunikation und der Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie der Technischen Universität München gemeinsam mit dem Verband Deutscher Sportjournalisten einen Workshop veranstaltet. Anfang Dezember kamen rund 30 Journalistinnen und Journalisten an die TUM. Eine Wiederholung ist geplant.
Autor: Dr. Fabian Kautz
In vier Vorträgen und einer Podikumsdiskussion wurden am TUM Campus im Olympiapark Perspektiven aus verschiedenen Disziplinen aufgezeigt. „Die Veranstaltung war aus unserer Sicht ein voller Erfolg. Die Sportjournalistinnen und Sportjournalisten haben für die Berichterstattung zum heiklen und wichtigen Themenfeld neue Perspektiven und Anstöße erhalten und die Veranstaltung sehr positiv evaluiert“, bilanzierte Prof. Dr. Michael Schaffrath.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bewerteten den Workshop im Durchschnitt mit der Note 1,2. „Ich denke, wir können durchaus zufrieden sein. Die konkreten, inhaltlichen Wünsche nach einer Fortsetzung liegen auch vor. Also muss es weitergehen“, sagte VDS-Präsident Erich Laaser.

Inhaltlich konzipiert wurde die Veranstaltung durch André Keil. Der VDS-Vizepräsident und NDR-Journalist wählte drei Themenfelder: die Spätfolgen des systematischen Staatsdopings in der DDR, die Strafverfolgung von Dopingtätern durch Staatsanwälte sowie den Wissenstand von deutschen Sportjournalisten zum Themenfeld Doping (Foto Fabian Kautz: TU München).

Prof. Schaffrath rückte in dem Eröffnungsvortrag die Sportjournalisten ins Zentrum der Betrachtung. Der Leiter des Arbeitsbereiches für Medien und Kommunikation referierte erste Zwischenergebnisse des laufenden Projekts „WEDoSport“ des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp). Gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie (Dr. Thorsten Schulz) und in Kooperation mit dem VDS sowie der Nationalen Anti-Doping Agentur (NADA) werden aktuell die Mitglieder des VDS online befragt. Die Studie ist eine Replikation eines Projekts von 2012/13 und wird noch bis Januar im Feld sein.

Kommendes Jahr werden die Ergebnisse der Umfrage vorliegen

Bisherige Ergebnisse deuten darauf hin, dass nach wie vor nur ein kleiner Anteil der Sportjournalisten über Doping berichtet. Das Wissen der Journalistinnen und Journalisten, die viel über Doping berichten, ist dabei deutlich größer als das derjenigen, die wenig oder gar nichts hierzu publizieren. Im kommenden Jahr werden die Ergebnisse dann vorliegen, auf Kongressen vorgestellt und diskutiert sowie Publikationen in Fachzeitschriften zu der Thematik verfasst.

„Mit Blick auf das DDR-Staatsdoping ist sicherlich erst rund ein Drittel erforscht. Für Sportjournalisten bestehen hier zahlreiche interessante Ansatzpunkte“, erklärte Keil (Foto: Wolfgang Rattay). Ein Experte im Bereich der Folgeschäden ist Dr. Jochen Buhrmann. Der Chefarzt der Helios Klinik für Psychosomatische Medizin in Schwerin arbeitet mit Dopingopfern.

Am Beispiel der Biografie einer betroffenen Sportlerin erläuterte Dr. Buhrmann die Auswirkungen des DDR-Sportsystems für den weiteren Lebensverlauf. Danach präsentierte sein Sohn Simon Buhrmann erste empirische Ergebnisse seiner laufenden Promotion, in der er Dopingopfer befragt. Fast 30 Prozent der Dopingopfer leiden unter posttraumatischen Belastungsstörungen. Die Prävalenz in der Bevölkerung liegt dagegen nur bei anderthalb bis zwei Prozent, jene für Vietnam-Kriegsveteranen zwischen zwei und 15 Prozent.

Arthrose der Gelenke und starke Schmerzen als Spätfolgen des Dopings

Thomas Götze bot den rund 30 Sportjournalistinnen und Sportjournalisten einen Einblick in seine Vita. Der ehemalige Hammerwerfer wurde Ende der 1970er-Jahre gedopt und ist heute ein staatlich anerkanntes Dopingopfer. Trotz der Androhung von Konsequenzen und Nachteilen befreite er sich bereits vor der Wende aus dem staatlichen Sportsystem und studiere Jura. Als Spätfolgen des Dopings leidet Götze unter Arthrose seiner Gelenke und starken Schmerzen. Heute ist er Staatsanwalt in Stralsund und organisiert Fortbildungen zum Themenfeld Doping für Richter und Staatsanwälte in der Deutschen Richterakademie.

Kai Gräber präsentierte einen umfassenden Überblick zu seinen Ermittlungen im Rahmen des Anti-Doping-Gesetzes (Foto: Wolfgang Rattay). Der Oberstaatsanwalt leitet die bereits 2009 eingerichtete Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Doping in München. Seither wurden fast 7000 Ermittlungsverfahren eingeleitet, jährlich kommen rund 1000 weitere hinzu. Zwischen 2015 und 2017 konnte das fünfköpfige Team 383 rechtskräftige Verurteilungen erwirken. Dabei wurden Geldstrafen von insgesamt rund 760.000 Euro und Freiheitsstrafen von mehr als 1600 Monaten ausgesprochen.

Allerdings konzentriert sich der Großteil der Verfahren auf den Freizeit- und Breitensport – zum Beispiel im Fitness- und Kraftsport. Denn für Ermittlungen gegen Leistungssportler fehlen Gräber und seinem Team oftmals die nötigen Informationen für einen begründeten Anfangsverdacht. Zudem kritisierte der Staatsanwalt die mangelhafte Zusammenarbeit mit Sportverbänden, die in Summe kein Interesse daran hätten, dass die Staatsanwaltschaft in die Sportgerichtsbarkeit eingreife.