Die Kunst des Vorstoppers

Preisgekrönter Fotograf Sascha Fromm

05.12.2020 Wieder einmal hat Sascha Fromm bei einem Wettbewerb gewonnen. Wie schafft er das? Axel Eger, gemeinsam mit dem Bildkünstler in der Mediengruppe Thüringen beschäftigt, hat sich auf Spurensuche begeben – und ist fündig geworden.
 
Beim Wettbewerb „PresseFoto Hessen-Thüringen 2020“ der beiden DJV-Landesverbände siegte Sascha Fromm in der Kategorie „Menschen & Momente“. Das Bild des Mitglied des Thüringer Sportjournalistenclubs (TSJC) trägt den Titel „Stiller Protest“ und dokumentiert die Ministerpräsidentenwahl im Februar in Thüringen. Im vom kicker unterstützen VDS-Berufswettbewerb „Sportfoto des Jahres“ wurde Fromm bereits vielfach prämiert. Der 53-Jährige arbeitet schon lange mit Axel Eger in der Mediengruppe Thüringen zusammen, zu der auch die Thüringer Allgemeine zählt. Der Autor dieses Fromm-Porträts ist Sport-Redakteur in der Zentralredaktion. Seit Dezember 2017 führt Eger den TSJC als Vorsitzender.

Ausgerechnet Vorstopper. Eine Stellenbeschreibung, die es im modernen Viererkettenfußball gar nicht mehr gibt. Die nach Katsche Schwarzenbeck klingt oder Jürgen Kohler. Ein bisschen angestaubt und schweißverschmiert. Mehr Handwerk als Kunst. Doch Sascha Fromm gibt zu, in seinem ersten, seinem jugendlichen, fußballerischen Leben genau diese Position mit Leib und Seele ausgefüllt zu haben. Ausgerechnet er, dessen Bilder jene Leichtigkeit ausstrahlen, als hätte sie der Kaiser höchstselbst aus dem Fußgelenk geschüttelt.
 
Und vielleicht hat das eine ja doch mit dem anderen zu tun. So, wie einst die Adjutanz eines Schwarzenbeck erst die Geniestreiche eines Beckenbauer möglich macht, hat sich der preisgekrönte Fotograf die Tugenden des Vorstoppers bewahrt (Siegerbild „Stiller Protest“: Sascha Fromm).
 
Für den Erfurter ist Fotografie harte, fast schon fanatische Arbeit. Wer erlebt, wie er vor Olympischen Spielen Abend für Abend den Wettkampfkalender studiert und in mühevoller Kleinarbeit am Laptop Foto-Captions vorab beschriftet, damit dem später brandaktuell aus dem Stadion gesendeten Bild keine wichtigen Angaben fehlen, kann erahnen, was es heißt, ein Meister seines Fachs zu werden.

Wer sieht, wie er wochenlang Tag für Tag an einem Dorfteich hält, weil er dort brütende Schwäne entdeckt hat, wundert sich nicht, dass er irgendwann das Bild mit den Küken im Kasten hat. Anderes Beispiel: Bei den Olympischen Winterspielen von Pyeongchang fährt Fromm nicht zum fünften Mal raus zum Biathlon. Er geht zum Eishockeyspiel der Deutschen, die mit dem Einzug ins Halbfinale gegen Kanada schon ein Wunder vollbracht haben – und dem tatsächlich ein noch größeres folgen soll.
 
Als der Triumph über den haushohen Favoriten nur noch Sekunden entfernt ist, steht Fromm auf der richtigen Seite. Er ahnt, dass die deutsche Mannschaft mit der Schlusssirene auf ihren Torhüter zulaufen wird. Es kommt so. Das gelbschwarze Spielerknäuel rauscht an die Plexiglasscheibe, der Mann mit der Mütze drückt dahinter auf den Auslöser (Siegerbild „Wintermärchen“: Sascha Fromm).
 
So, wie die gläserne Bande die Energie des Jubels für einen Moment verdichtet und einfriert, fängt der Fotograf mit seiner Kamera die ganze Gelöstheit des Augenblicks ein. Ein Bild, das inzwischen mehr als das Spiel selbst zum Symbol der größten deutschen Wintersportsensation geworden ist.
 
Wie lässt es sich angemessen würdigen? Natürlich mit dem Preis als „Sportfoto des Jahres“. Mit Beifall und Blumen und schönen Worten. Noch schöner: durch die Anfrage seines Protagonisten Yannic Seidenberg. Der Nationalspieler lässt sich das Bild von Fromm schicken und hängt es in sein Wohnzimmer.
 
Dieser Artikel erschien ursprünglich als längere Version in der Thüringer Allgemeinen/Thüringischen Landeszeitung. Anlass war Fromms insgesamte dritte Auszeichnung für das „Sportfoto des Jahres“. Wir danken den Kollegen für die Nutzungserlaubnis. Ein großes Dankeschön geht auch an den Fotografen Lukas Schulze, dass wir dessen Bild verwenden dürfen.