Holger Obermann ist tot

Früherer Sportschau-Moderator

05.11.2021 Er war ein Weltreisender in Sachen Fußball. Er gehörte zu den prägenden Figuren der ARD-Sportschau. Nun ist Holger Obermann gestorben, das Mitglied des Vereins Frankfurter Sportpresse wurde 85 Jahre alt.
 
Wie Holger Obermanns Ehefrau Barbara der dpa bestätigte, sei ihr Mann verstorben. Am 31. August noch hatten die beiden den 85. Geburtstag des früheren Sportschau-Moderators begangen.

Obermann war früher Fußballprofi, später arbeitete er als Journalist. Als Trainer und Fußball-Entwicklungshelfer war er in vielen Ländern aktiv, unter anderem in Afghanistan, Kamerun und Australien. Er gehörte dem Verein Frankfurter Sportpresse an.

vds








Seit 2009 leben die Obermanns in Friedrichsdorf im Taunus, wo sie sich ausgesprochen wohlfühlen und nach einem äußerst bewegten Leben in vielen Ländern ihren Altersruhesitz gefunden haben. Von „rüstigen Jubilaren“ zu sprechen, verbietet sich bei diesem außergewöhnlichen Paar von selbst, denn die beiden sind in Anbetracht ihres Alters topfit, sprühen vor Energie und schmieden konkrete Pläne für die Nach-Corona-Zeit. „Auf jeden Fall wollen wir, so schnell es geht, wieder nach Nepal. Außerdem möchte ich meinen Bruder in Jacksonville in Floria besuchen“, sagt Holger Obermann.

Besonders zu Nepal hat der in Kassel geborene Fußball-Globetrotter eine sehr enge Beziehung aufgebaut. Für Ehefrau Barbara ist die Hauptstadt Kathmandu bis heute eine der schönsten Städte, die sie kennengelernt haben. Das sind schon Hunderte gewesen, denn vom KSV Hessen Kassel aus führte der Weg des ehemaligen Torwarts über Concordia Hamburg und den FSV Frankfurt in die Vereinigten Staaten. 1961 ist Obermann beim SC Elizabeth New York der erste deutsche Profi überhaupt in einer amerikanischen Soccer-League geworden (Foto: VFS/privat).
 
In den USA arbeitete Obermann fünf Jahre lang auch als Redakteur, Auslandskorrespondent und Leiter einer deutschsprachigen Radiostation, ehe er Sportredakteur beim Hessischen Rundfunk wurde und anschließend von 1971 bis 1984 zum Moderatorenteam der ARD-Sportschau gehörte. Die durfte seinerzeit samstags ab 18 Uhr die ersten bewegten Bilder – noch in Schwarz-Weiß – vom jeweiligen Spieltag in der Fußball-Bundesliga übertragen.

Seit 1990 ist Obermann im Auftrag des Deutschen Fußball-Bundes und des Nationalen Olympischen Komitees (2006 mit dem DSB zum DOSB fusioniert; die Red.) fernab der Heimat unterwegs und hat unter anderem in Osttimor, Kamerun, Bangladesch, Sri Lanka und auch in Australien Freude und Begeisterung für den Fußball geweckt.

„In Afghanistan den Frauenfußball auf den Weg gebracht zu haben“, antwortet Obermann auf die Frage, was im Rückblick auf seine langjährige Tätigkeit in mehr als zwei Dutzend verschiedenen Ländern wohl sein größter Erfolg gewesen sei (Logo: Verein Frankfurter Sportpresse).
 
Die großen sportlichen Triumphe wie der Gewinn des Südasien-Cups mit Nepal, die Silbermedaille mit Gambia beim Afrika-Cup oder die U-16-Meisterschaft Asiens mit Malaysia zählen natürlich auch dazu. „Warum machst du es dir nicht leichter und trainierst nur noch Nationalmannschaften?“, hat ihn sein zehn Jahre älterer Fußballkollege Rudi Gutendorf einmal gefragt, der mit den meisten Trainer-Stationen im Guinness-Buch der Rekorde steht. „Das ist nicht mein Ding“, lautete Obermanns Antwort, für den die Kärrnerarbeit an der Basis unter widrigsten Umständen stets Priorität gehabt hat.

Für sein außergewöhnliches Engagement ist er 2010 bei der Fußball-WM in Südafrika von der FIFA mit dem „Order of Merit“ ausgezeichnet worden. Neben vielen anderen Ehrungen hat er auch das Bundesverdienstkreuz erhalten.

In seiner Funktion als offizieller Botschafter des DFB hat sich Obermann um die von ihm gegründete Fußballschule „Nepal Youth Programm“ in Kathmandu gekümmert, in einem Kloster in den Bergen Kraft geschöpft und ein Projekt der Franz-Beckenbauer-Stiftung eingeweiht (Foto Ehrung 2004 auf dem DFB-Bundestag: firo sportphoto/augenklick).

Dabei handelt es sich um eine komplett neue Infrastruktur für einen Fußballplatz in Kolishwor im Osten Kathmandus – mit Klubhaus, Lichtanlage und einer kleinen Sitztribüne für 200 Zuschauer. „Dass die Welt wieder ruhiger wird“, ist eine der großen Hoffnungen, die der Jubilar neben dem Wunsch nach Gesundheit an seinem Geburtstag noch hat. Besonders die Ereignisse in Afghanistan belasten Obermann, denn dort hat er 2002 und 2003 gearbeitet.

Kennengelernt haben sich Holger und Barbara Obermann – natürlich – auf dem Fußballplatz. In seiner Zeit als Vertragsspieler bei Concordia Hamburg stand Obermann 1960 in der Oberliga-Partie gegen Eintracht Braunschweig im Tor. Barbara saß als Zuschauerin auf der Tribüne des kleinen Stadions, weil ihr Onkel sie an jenem Nachmittag mitgenommen hatte. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, weiß Holger noch heute – und Barbara widerspricht ihm nicht.