Nach Peking ist vor Katar

Editorial der 1. VDS-Vizepräsidentin Elisabeth Schlammerl

03.03.2022 Die Wettkämpfe von Peking brachten für alle Beteiligten viele Zumutungen. Auch wenn es vermutlich nicht schlimmer werden kann, die Fußball-WM am Ende dieses Jahres in Katar dürfte auch nicht ohne sein. Was den Berichterstatter*innen möglicherweise droht, erklärt die 1. VDS-Vizepräsidentin Elisabeth Schlammerl in ihrem Editorial.
 
Liebe Kolleginnen,
liebe Kollegen,

die Olympischen Winterspiele in Peking sind Geschichte – aber in jener werden sie keinen ruhmreichen Platz einnehmen. Die Sportstätten waren großartig, aber viel zu gigantisch und viele riesige Umweltsünden obendrein. Die Organisation lief reibungslos, sieht man mal ab vom besonders komplizierten und unflexiblen Transportsystem. Die wenigen Besucher der Wettkämpfe konnten kaum für Stimmung sorgen. Aber das war auch 2008 nicht viel besser gewesen, die Sommerspiele hatten trotz größerer Zuschauerkulissen steril gewirkt. Und was blieb aus journalistischer Sicht?

Viele der Befürchtungen, mit denen die Kolleginnen und Kollegen nach China flogen, haben sich zum Glück nicht bestätigt. Der Aktions- und Berichtsradius endete allerdings am Zaun, der die olympische Blase von der chinesischen Realität trennte. Wer dies akzeptierte und sich auf den Sport, das Geschehen auf Eis und Schnee beschränkte, sich nicht um Uiguren, Tibeter oder  Menschenrechtsfragen kümmerte, sich an die Grenzen hielt, die China gesetzt hatte, blieb unbehelligt – und konnte beinahe schreiben oder senden, was er wollte. Und auch den bizarren Dopingfall Kamila Walujewa intensiv beleuchten (Schlammerl-Foto: Ina Fassbender).

Dass Pressefreiheit aber nicht nur in autokratischen Ländern angegriffen werden kann, sondern auch hier in Deutschland, hat Claudia Pechstein nach ihrer Rückkehr aus Peking bewiesen. Der Ausschluss der ARD beim Pool-Interview auf Initiative der Eisschnellläuferin war inakzeptabel und hat nicht nur beim VDS für Unverständnis gesorgt.

Den Olympischen Winterspielen folgt seit 28 Jahren die Fußball-Weltmeisterschaft. Dieses Mal liegen aber nicht nur ein paar Monate zwischen den beiden Großereignisse, sondern eine längere Zeitspanne, weil die WM im umstrittenen Gastgeberland Katar wegen der großen Hitze im Sommer in den November verschoben wurde.

Auch in Katar gibt es immer wieder Behinderungen bei der Berichterstattung

Ob die Corona-Pandemie auch dieses Sportereignis beeinträchtigen wird, weiß niemand. Aber fest steht, dass es erneut eine Herausforderung werden wird für die Kollegen und Kolleginnen, für die Sender und Medienhäuser. Nicht nur wegen der wohl exorbitant hohen Hotelkosten, die in Katar bereits jetzt aufgerufen werden für die Zeit der WM.

Auch in dem Emirat gibt es immer wieder Behinderungen für Journalisten und Journalistinnen bei der Berichterstattung. Im vergangenen November waren zwei norwegische Journalisten festgehalten worden, weil sie über Probleme bei der Vorbereitung der Fußball-WM recherchiert hatten. Auch für Katar wird deshalb eine eingeschränkte Pressefreiheit gelten. Wenngleich vermutlich nicht in einer Blase hinter einem Zaun.

Herzliche Grüße, Elisabeth Schlammerl (1. VDS-Vizepräsidentin)