Neue Konkurrenz für kicker & Co.

Flashscore

15.02.2023

Flashscore bietet Live-Ergebnisse von 700.000 sportlichen Wettkämpfen pro Jahr. 2021 erreichte das tschechische Technologie-Unternehmen den höchsten Umsatz seiner Firmengeschichte. Jetzt will es sein Portal zur echten Nachrichtensite ausbauen und den deutschen Anbietern die Kunden abjagen.

Autor: Marcel Grzanna

Im Wettbewerb der schnellsten Sport-Liveticker geht der tschechische Anbieter Flashscore in die Offensive. Mit der zweimaligen Wimbledonsiegerin Petra Kvitova als neuem Werbegesicht und einer erweiterten inhaltlichen Ausrichtung soll die Reichweite der Plattform in den kommenden drei Jahren weltweit um 50 Prozent auf monatlich 150 Millionen Besuche gesteigert werden.

Um das Wachstum so rasant zu fördern, setzt das Technologie-Unternehmen aber nicht nur auf die Magnetwirkung des Tennisstars, sondern auch auf den Ausbau seines Angebots. „Es ist momentan unsere Priorität Nummer eins, mehr digitalen Content zu produzieren. Wir arbeiten an einer Multimedia-Plattform, die Flashscore in eine vollumfängliche Sportnachrichtenseite verwandeln soll“, kündigt der Mutterkonzern Livesport mit Hauptsitz in Prag im Gespräch mit dem sportjournalist an (Foto Livesport-Gebäude: Livesport).

Der deutsche Markt soll einen entsprechend starken Anteil zum Wachstum beitragen. „Wir wissen, dass das Potenzial in einem bevölkerungsstarken Land wie Deutschland noch wesentlich höher ist als die aktuellen Klickzahlen, die wir verzeichnen. Auch dort wollen wir deshalb um 50 Prozent zulegen“, heißt es. Im Schnitt generiert flashscore.de aktuell etwa zwei Millionen Aufrufe monatlich.

Besonders gefragt bei den Nutzern sind die Resultate der Topsportart Nummer eins: Fußball. Aber auch Basketball, American Football, Tennis, Baseball oder Eishockey generieren viele Klicks. Weltweit bietet Flashscore pro Jahr etwa 700.000 Ergebnisse aus 6200 Wettbewerben in insgesamt 40 Sportarten.

In 40 Märkten variiert die Zahl der Sportarten, die Flashscore abdeckt

Nicht überall ist das Angebot der Plattform dasselbe. In 40 Märkten variiert die Zahl der Sportarten, die Flashscore abdeckt. Wenn in Russland das mit Eishockey verwandte Bandy oder in Indien das traditionelle Fangspiel Kabaddi gespielt wird, ist das Interesse an Live-Ergebnissen dieser Wettbewerbe in Deutschland vergleichsweise gering und deshalb nicht Teil des Angebots des hiesigen Ablegers.

2021 erwirtschaftete Flashscore-Mutter Livesport den höchsten Jahresumsatz seiner 16-jährigen Firmengeschichte von weltweit 100 Millionen Euro. Den mit Abstand größten Anteil daran hatte Flashscore. Haupteinnahmequelle des Portals ist Werbung. Einen kleineren Teil verdient das Unternehmen mit dem Weiterverkauf von Sportdaten an Dritte.

Mit der inhaltlichen Expansion hin zu einer wettbewerbsfähigen Nachrichtenseite fordert Flashscore auch hierzulande klassische Anbieter wie kicker oder Sport1 heraus. Doch die Lücke zu den breit aufgestellten Marktführern unter den reinen deutschen Sportportalen, die Klicks in bis zu dreistelliger Millionenhöhe pro Monat generieren, ist groß (Foto Livesport-Büro: Livesport).

Viele Werbepartner von Flashscore sind Wettanbieter wie in Deutschland bet365. Mutterkonzern Livesport betont, dass Wetter nicht die primäre Zielgruppe seien, sondern Sportinteressierte, die aktuell auf dem Laufenden gehalten werden wollen. Dennoch erkennt das Unternehmen die Überschneidung der Nutzerbasis von Livetickern und Buchmachern, verweist jedoch auf die breite gesellschaftliche Akzeptanz des Wettens. „Wettanbieter werben in allen möglichen Medien – Fernsehen, Radio, Zeitungen und Onlinemedien wie dem unseren. Uns ist keine Kritik an dieser Art der Werbung bekannt“, heißt es aus Prag.

Dass der Umgang mit Sportergebnissen manchmal jedoch einen faden Beigeschmack haben kann, macht das Beispiel Tennis deutlich. Die Weltverbände WTA und ATP hingen mit ihren eigenen Livetickern denen von flashscore.co.uk oftmals 30 Sekunden oder mehr hinterher. Medienberichte offenbarten dahinter eine beabsichtigte Praxis, um die Resultate für Buchmacher exklusiver zu gestalten und potenzielle Wetter auf deren Seiten zu lotsen. Kritiker monieren, dass die Verbände durch diese Praxis Spielsucht fördern würden.

Das Herz des Unternehmens schlägt in Tschechien

Flashscores Konzept stützt sich auf drei Pfeiler. Einerseits hat der Anbieter Kolleginnen und Kollegen in den Stadien, die exklusiv das System mit neuen Daten aktualisieren. Das Herz des Unternehmens schlägt jedoch in Tschechien. In den Datenzentren in Prag, Hohenbruck und Brünn werden die aktuellen Sportresultate zu Teilen automatisiert, zu anderen Teilen manuell generiert. Zudem kauft Flashscore Daten von Drittanbietern hinzu, um sein Angebot komplettieren zu können.

Fußball bedeutet Hochsaison. Wenn der Ligabetrieb in Europa jetzt wieder Fahrt aufnimmt, sind bis zu 200 Mitarbeiter in den Datenzentren in Tschechien an einem Wochenende im Einsatz. Gearbeitet wird im Schichtdienst, weil die Zeitverschiebung praktisch keine Pause von Sportereignissen rund um den Globus zulässt.

In Deutschland ist Alexander Braun so etwas wie die Ein-Mann-Vertretung von flashscore.de. Der 36-Jährige sitzt in Nürnberg, kümmert sich als einziger Festangestellter im Land um die Pflege der Internetseite und der Social-Media-Kanäle sowie um den Support für die Nutzer. Braun hat sein Handwerk beim Rechtevermarkter Sportfive gelernt und dort auch einen journalistischen Schliff mitbekommen (Foto Livesport-Redaktion: Livesport).

Er ist einer von 800 angestellten und freien Mitarbeitern, die weltweit für Flashscore tätig sind. Einige davon berichten auch aus deutschen Fußballstadien exklusiv für flashscore.de und liefern außer den aktuellen Entwicklungen auf dem Rasen Vor- und Nachberichte. Auch teilweise automatisch generierte Audiokommentare oder Bewegtbilder sind von einzelnen Ereignissen bereits abrufbar.

Der menschliche Faktor bleibt dennoch immer präsent. „Beispielsweise werden in einem unserer internen Tools die Live-Kommentare halbautomatisch generiert – unsere Datenadministratoren benötigen nur wenige Klicks, um den Satz von unserem System generieren zu lassen“, teilt das Unternehmen mit.

Marcel Grzanna ist Freelancer. Hier geht es zu seiner Facebookseite.